Unsitte der 7. Konsolengeneration – Der Online Pass

Der folgende Beitrag ist ein Gastkommentar meines Lieblingsfreundes und ehemaligen Moderationskollegen Quandoz, dem beim Thema Online Pass langsam aber sicher das Wasser im Hintern kocht:

Eine der einschneidensten Neuerungen dieser jetzt schon 7. Konsolengeneration ist die Einführung und gleichzeitig auch Etablierung des Online Passes. Irgendwann im Jahr 2009 oder 2010 kamen findige – oder geldgierige? – Menschen auf die glorreiche Idee, dass man dem so ungeliebten Gebrauchtspielemarkt mit den vier bunten Buchstaben ein Schnippchen schlagen müsste und den Erwerb eines gebrauchten Spieles so unattraktiv wie möglich gestalten muss. Schließlich verdient man ja als Publisher nur am Verkauf von neuen Spielen, nicht aber am Weiterverkauf desselben. Erste Gerüchte über diese neue Art des DRM, Digitalem Rechte Management, hörte man von den Publishern Electronic Arts, THQ und Ubisoft.

Online Pass MX vs ATV AliveNiemand mag Veränderungen, schon gar keine negativen. Daher muss man einen Nachteil stets in ein rosa Schleifchen packen und ihn mit einem positiven Aspekt versehen. Alles Neue muss möglichst schon von langer Hand geplant und unterschwellig durchgeführt werden, man will ja schließlich niemanden erschrecken. Bei unserem Hobby heißt das nichts anderes, als dass man ehrliche Menschen, die den Vollpreis für einen Titel bezahlt haben, mit besonderen digitalen Inhalten belohnt, die sich bereits auf der Spieledisk befinden. Dieses sind oftmals neue Strecken, weitere Fahrzeuge, ergänzende Quests oder – was der ursprüngliche Gedanke bei der Freischaltung war – die volle Nutzung des Mulitplayer Modus.

Grundsätzlich benötigt man zuerst ein Kundenprofil, damit eine Verknüpfung des Online Passes mit dem Spielerprofil erfolgen kann. Seit ihr also Kunde bei Xbox Live oder im Playstation Network, müsst ihr euch einloggen und den in der Verpackung hinterlegten, 25stelligen Code eingeben. Logischerweise funktioniert das nur einmal und nur im jeweiligen Netzwerk.

Schaltet man den Online Pass aus diversen Gründen nicht frei, zum Beispiel weil man keinen Zugriff auf das Playstation- oder Xbox Live Netzwerk hat, stehen die entsprechenden Inhalte nicht zur Verfügung. Das kann mitunter auch zur Folge haben, dass bei einem Spiel irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem man nicht mehr weiterspielen kann, da softwareseitig der entsprechende Zutritt unterbunden wird.

In den guten alten Zeiten war es normal und üblich, dass man seine Spiele mit seinen Freunden tauschte. Mit dem Online Pass System haben die Publisher dem Ganzen nun einen Riegel vorgeschoben. Denn damit man das Spiel auch bei seinem Kumpel in vollem Umfang nutzen kann, benötigt man – ihr ahnt es sicher schon – einen neuen Online Pass. Ähnlich verhält es sich mit dem Kauf eines gebrauchten Spieles oder dem Ausleihen in der Videothek. Ohne Online Pass gibt es nur den halben Spaß.

Der Online Pass hat damit zur Folge, dass man seine Spiele nicht mehr mit seinen Freunden tauschen kann. Bei Verlust der Zugangsdaten seines Spielerprofils oder auch dem Austausch von Komponenten ist es euch nicht mehr möglich, an eure rechtmäßig erworbenen Inhalte zu gelangen. So erlebt bei einem Kollegen, dessen XBOX 360 nach einem Update zuckte. Alle Profile waren sichtbar, aber nicht mehr auszuwählen. Nachdem der Schaden behoben war, war nun für ihn Formel 1 2012 online nicht mehr spielbar. Er sollte selbstverständlich einen neuen Online Pass erwerben, den er vor dem von Microsoft erzwungenen Update aber schon mit dem Spiel gekauft hatte.

Besonders perfide wird es bei Spielen aus dem Hause Electronic Arts. Hier spielt man nämlich über deren Server und nicht über Sony´s oder Microsoft´s Netzwerk. Das hat dann zur Folge, dass in schöner Regelmäßigkeit Spiele, die zu Hauptspielzeiten mit unter 1 % gespielt und Spielen, die mindestens 18 Monate angeboten werden, einfach mal eben so abgeschaltet werden. Naja, nicht ganz einfach so, sondern mit vier Wochen vorheriger Ankündigung, aber nun überlegen wir einfach mal: Online Pass erforderlich + abgeschalteter externer Server = Spiel ist nicht mehr im vollem Umfang nutzbar. Und das bei einem Spiel, das vor wenigen Tagen noch orginalverpackt verkauft und angeboten wurde? Woher weiß eigentlich der Käufer im Elektronik(fach)markt um die Ecke, dass EA vor drei Wochen und sechs Tagen angekündigt hat, die Server zu genau diesem eben erworbenen Titel abzuschalten?

Warum habe ich nun eine Abneigung gegen den Online Pass?

Aus diversen Gründen widerstrebt mir das Gesamtkonzept. Ich sehe mich als ehrlichen Spieler und ich kaufe in über 95 % der Fälle meine Spiele immer zum Releasetermin zum Vollpreis bei einem deutschen Händler. Nun ist es aber leider inzwischen so, dass nach dem Erwerb des Spiels dieses nicht mehr einfach mal so in die Lade gelegt und in vollem Umfang genossen werden kann. Das Spiel fordert mich dazu auf, den Online Pass zu aktivieren. Mache ich das nicht, werde ich alle Nase lang per Einblendung dazu genötigt, das doch bitte zu tun. Gib mir den Code! Hier und JETZT! Mach schon du dummer Spieler!

Das Unding der 7. Konsolengeneration?

Mit der aktuellen Konsolengeneration sind mehrere gravierende Veränderungen eingeführt worden, die nicht im Interesse des Spielers sein können. Stets beteuern die Publisher, dass es doch in unser aller Interesse ist, wenn diese Veränderung von uns Spielern angenommen werden, man bekommt ja schließlich auch einen entsprechenden Gegenwert. Sieht man sich die Veränderungen aber etwas genauer an, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Nutzungsrechte des ehrlichen Kunden eingeschränkt werden.

Könnt ihr euch noch an Spiele erinnern, die kein Update benötigt haben? Oder an Spiele, die man aufgrund des Spielspasses und nicht aufgrund digitaler Belohnungen gespielt hat? Oder wann habt ihr das letzte Mal ein Spiel mit einem Freund getauscht, komplett durchgespielt und jede Minute genossen, ohne einen Code einzugeben oder eine neue Erweiterung zu kaufen? Über eben diese eingeführten Unsitten will ich euch in unregelmäßigen Abständen informieren, vor dem Hintergrund von mindestens 25 Jahren Videospielerfahrung und der Erkenntnis, dass früher nicht alles besser, aber vieles einfacher und gerechter war.

Ich liebe mein Hobby und sehe das Ende schon kommen: Denn sobald ich keine physischen Datenträger mehr erwerben kann, widme ich mich meinen 1.000 ungespielten oder noch nicht beendeten Titeln und trauere mit einem lachenden und einem weinenden Auge den unzähligen bunten verspielten Stunden hinterher. Denn aber ist der Punkt erreicht, leise Adé zu sagen.

Habt ihr was zu sagen, seid ihr anderer Meinung? Schreibt mir einen Kommentar, das geht hier OHNE Anmeldung oder euren Social Netwerk Account.

Quandoz

 

Tja, was bleibt mir dazu zu sagen, außer dass der Mann recht hat. Wenn ich mir ein Auto kaufe, haben Ford, BWM, Audi und wie sie alle heißen, auch keinerlei Rechte an Weiterverkäufen durch vielleicht Einstellungen an der Motorelektronik. Man stelle sich das mal vor:

Ich verkaufe meinen Audi A4 und der nächste Käufer muss nun bei Audi einen Freischalt-Code kaufen, der die Elektronik wieder entriegelt, damit der Wagen wieder über 100 km/h fährt, oder bei Temperaturen von über 20 Grad oder auch bei Regen , oder, oder, oder … die Möglichkeiten sind vielfältig. Oder noch besser: Der Staat ist so pleite, dass Teile des Straßennetzes an die Autohersteller verkauft werden. Nun benötige ich einen Code, damit ich auch auf den Straßen fahren kann, die von einem anderen, als meinem Hersteller erworben wurden. Nichts anderes ist das Argument, „wir stellen ja auch die Server zur Verfügung“.

Mal nachdenken 😉

Micha