Super Mario Galaxy 2

Er ist klein, nimmt es mit jedem Gegner auf und trägt rot-blaue Kleidung, allerdings ist hier nicht die Rede von Lionel Messi, sondern von Mario. Ja, ich weiß, so begann der Bericht zu Teil 1 auch. Aber so wenig die Einleitung geändert wurde, so wenig hat Nintendo am Spielverlauf des zweiten Teils geändert. Denn seit über 20 Jahren hüpft, rennt und klettert sich der italienische Klempner durch kunterbunte Welten und genauso lange wird Prinzessin Peach von Bowser entführt.

Warum also sollte sich das nun ausgerechnet bei Super Mario Galaxy 2 ändern? Deshalb wird Peach diesmal beim nur alle 100 Jahre stattfindenden Sternenstaubfest von einem zum Riesen mutierten Bowser entführt. Klar, dass sich Mario auch dieses Mal auf den Weg macht, die lernresistente Holde aus den Pranken des Unholds zu befreien.

Was mit Mario 64 auf dem N64 begann, mit Super Mario Sunshine auf dem Gamecube seine Fortsetzung fand, erlebte mit Super Mario Galaxy auf der Wii seinen Höhepunkt, nämlich ein der Zeit und dem System angepasstes, perfektes 3D-Spiel. Aber entgegen der sonst üblichen Gewohnheiten lässt Nintendo nun einen direkten Nachfolger auf dem gleichen System folgen, dies war sonst bei Mario-Spielen stets der nächsten Konsolengeneration vorbehalten. Aber wer Super Mario Galaxy 2 eine Weile im CD-Schacht hat, wird verstehen, warum. Denn was Nintendo an neuen Welten und neuen Ideen auf die Scheibe gepresst hat, war unmöglich in nur einem Galaxy-Titel unterzubringen.

Dabei schlägt die Vorfreude nach dem Start des Spiels kurzzeitig in Ernüchterung um, zu marginal sind die Unterschiede zum Vorgänger. Nach einer kurzen Einführung im Stile eines Märchenbuchs geht es in den ersten Level, der sich in nichts von Mario Galaxy 1 unterscheidet. Nachdem Peach endlich entführt ist, startet das Spiel und man hat das Gefühl, wieder im ersten Teil gelandet zu sein. Kenner finden sich auf Anhieb mit der komplexen Steuerung zurecht, da hier glücklicherweise nichts geändert wurde.

Mario hetzt von Mini-Planet zu Mini-Planet und schüttelt sich durch Sternen-Tore. Aber schon im zweiten Level stößt man auf den kleinen, aber grünen Unterschied: Yoshi! Nachdem der Saurier aus seinem Gefängnis befreit ist, geht man nun in einigen Leveln auf dem Rücken des Dinos auf die Suche nach Sternen und der abhanden gekommenen Hoheit.

Doch die Steuerung des kleinen Reittieres erfordert etwas Übung. Klar, dass man mit dem Druck auf A wieder reichlich hohe Sprünge ansetzen kann und Gegner mit einer einem Chamäleon zur Ehre gereichenden Zunge verschlingt. Aber das allein wären bekannte Standards und so erhält Yoshi weitere Fähigkeiten, die das Überleben auf fremden Planeten erleichtern. Neben dem endgültigen Verschlucken von Gegnern sind einige davon auch ungenießbar. So werden Stachis kurzerhand zu Wurfgeschossen … verschlucken, das Ziel anvisieren und wieder ausspucken. Und Mario-typisch steht schon kurz nach dem Erlernen dieser Fähigkeit der erste Zwischenboss auf dem Plan, der genau mit dieser Fähigkeit besiegt werden muss.

Die Zunge dient aber nicht nur zum Ziehen von Gegnern, sie kann auch als Ersatzliane missbraucht werden. So sind in einigen Leveln höher gelegene Plattformen nur mit Yoshis Hilfe zu erreichen, indem er sich von Blume zu Blume schwingt. Aber damit nicht genug. Mit Turbo-Yoshi wird der Dino unglaublich schnell und kann senkrechte Wände hochrennen, als Blasebalg-Yoshi kann er schweben und als Glüh-Yoshi dient er als Lampe, erhellt die Umgebung und erkennt so vorher unsichtbare Wege. Alle diese Fähigkeiten sind wie immer zeitlich begrenzt.

Und damit der schnauzbärtige Klempner wegen so vieler nützlicher Eigenschaften nicht eifersüchtig auf seinen neuen-alten Partner ist, hat man auch Mario mit neuen Kostümen ausgestattet.

Neben den bekannten Kostümen wie dem Bienen-Mario, mit dem der Held fliegen kann, dem Feuer-Mario, der Feuerbälle verschießt oder dem Feder-Mario, der für anhaltend hohe Hüpfeinlagen sorgt, wurden auch dem Mützenträger zwei neue Kostüme spendiert. Da wäre zum einen das Felsen-Kostüm, mit dem sich Mario in einen rollenden Felsen verwandeln kann und somit wie eine alles zermalmende Bowling-Kugel über den Bildschirm rollt. In diesem Zustand sind sonst unzerstörbare Hindernisse kein Problem. Mir angetan hat es aber das Wolken-Kostüm. Hat Mario die Wolken-Mütze angelegt, kann er aus dem Nichts drei Wolken hervorzaubern, die als Plattform dienen. Steht man anfangs noch etwas unbeholfen am Abgrund und überlegt was zu tun ist, bringt gerade diese neue Fähigkeit ungeahnten Spielspaß mit sich. So springt man denn tollkühn ins Nichts, um mit dem Schütteln der Wiimote eine Wolke zu erschaffen. So baut sich Mario Wege zu Zielen, die sonst unerreichbar blieben. Aber auch hier ist schnelles Denken gefordert, denn auch die Wolken sind wie alles andere im Mario-Universum nicht für die Ewigkeit. Nach einigen Sekunden lösen sie sich auf wie ein Hoch in den Alpen und Mario stürzt ins Leere.

Alle diese Aktionen werden so geschickt ins Spiel integriert, dass sie schon nach wenigen Augenblicken wie selbstverständlich angewendet werden und in Fleisch und Blut übergehen. Nichts muss mühsam erlernt werden, auch in Super Mario Galaxy 2 achtet Nintendo peinlich genau auf einen einfachen Einstieg und stressfreie Spielbarkeit. Und genau diese Spielbarkeit macht auch den zweiten Teil zu einem Erlebnis der Extra-Klasse.
Kein Level gleicht dem anderen, bei keinem Planeten hat man das Gefühl, ihn schon einmal irgendwo anders gesehen zu haben. So besteht ein Level meist aus mehreren, thematisch identischen Abschnitten, die erledigt werden wollen, bis man dem Zwischen- oder Endgegner gegenüber steht.

Und bis ihr die erreicht, geht es über Level mit vertauschter Schwerkraft, sich bewegenden Plattformen oder anderen bekannten, aber neu inszenierten Schwierigkeiten. Unauffällig, aber für mich perfekt ins Spiel integriert, sind die ständigen Wechsel zwischen 2D und 3D-Abschnitten. Diese gehen meist übergangslos ineinander über.

Auch in Super Mario Galaxy 2, haben es diese Bosse in sich. Ist ein Großteil mit Logik und der als gegeben vorausgesetzten Geschicklichkeit und Reaktionsschnelligkeit zu besiegen, so habe ich mir bereits am ersten echten Endgegner die Zähne ausgebissen. Nachdem ich gefühlte 35 Leben verbraucht hatte, obwohl mir der Ablauf zum Gewinnen klar war, wollte ich das Pad schon in den Bildschirm feuern. Aber auch hier hat Super Mario Galaxy 2 wieder das, was andere Spiele einfach nicht haben. Es entsteht das bekannte Gefühl von “das ist zu schaffen“ oder “ nur noch einen Versuch“. Und genau so war es dann auch.

Weitere Zwischengegner sind da etwas einfacher, aber damit nicht unspektakulärer. So steht Mario auf einer Scheibe und muss mit einem Bohrer den sich ständig auf der anderen Seite befindlichen Boss besiegen. Da die kürzeste Verbindung noch immer der direkte Weg ist, bohrt sich Mario eben mitten durch den Planeten. Auf einem aus einem Metallgitter bestehenden Mini-Planeten rollt ein Godzilla-Verschnitt herum, der dann als Felsen-Mario besiegt werden muss, um seinen Power-Stern freizugeben. Da dem Gegner aber von vorne nicht beizukommen ist, visiert man eben rollenderweise das ungeschützte Hinterteil an. Aber nicht nur Bosse, sondern auch einige Level sind recht knackig. Und wie schon in New Super Mario Bros. Wii eingeführt, steht auch hier eine kleine erlaubte Hilfe zur Verfügung, die den Spieler bis zum Power-Stern bringt, der Kosmo-Assistent. Einziges Problem: Der Power-Stern wird nach Aktivierung des Assistenten zu einem Bronze-Stern. Wer also auf Gold steht, muss alles selbst erspielen. Aber das ist ja auch Sinn und Zweck eines jeden Mario Spiels und bei 240 zu erspielenden Sternen ist auch für ausreichend Langzeitmotivation gesorgt.


Fazit:
Die Liste über Innovationen, Spielbarkeit, Spielspaß und alles, was Super Mario Galaxy 2 sonst noch auszeichnet, würde den Rahmen eines jeden Beitrages sprengen. Mario wird euch wie seit verblichenen NES-Zeiten zwischen Genie und Wahnsinn hin- und herreißen und euer Adrenalin wird fließen. Ihr werdet bekannten Themen vorfinden, die einfach zu Mario gehören, wie das Salz zur Suppe. Die Planeten sind mit altvertrauten Feinden wie Gombas und anderen übersät und trotzdem ist der zweite Teil kein müder Aufguss, sondern die konsequente Fortführung eines damals schon perfekten Spiels.

Mich beeindruckt wie immer das Level-Design. Kurze, knackige Planeten, die mich entweder stundenlang oder auch nur für ein oder zwei Sterne vor der Wii verweilen lassen. So bietet Super Mario Galaxy 2 nicht nur dem Hardcore-Mario-Fan die Möglichkeit, seinen Helden durch Galaxien zu führen, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat, sondern auch dem (ich hasse dieses Wort) Casual-Gamer, dem es nicht gegeben ist, stundenlang vor der Konsole zu verweilen. Nintendo gelingt hier das Kunststück, alle Spieler unter einen (roten) Hut zu bringen.
Ein mehr als nettes Gimmick befindet sich in der Verpackung: Neben einer Karte, auf der alle Tastenkombinationen zu finden sind, liegt dem Spiel eine DVD bei, die Anfänger per Videofilmchen in die Feinheiten des Spiels einführen. Kleiner Hinweis an andere Publisher: Hier wird deswegen keine Special-Edition mit Aufpreis aus dem Spiel!

Wie sangen es schon Presidents of the USA? “Millions of Peaches, Peaches for me …“ So wird es Mario geben, solange es Nintendo und Videospiele geben wird. Und immer wieder wird Prinzessin Peach der Stein des Anstoßes sein, zu neuen Abenteuern in neuen Welten aufzubrechen. Die einzige Frage, die sich mir stellt:
Was kommt nach dem Weltraum?