Im Test: Yamaha TW-E7B – was lange währt, wird endlich gut

Anscheinend muss man sich in diesen Zeiten daran gewöhnen – Hersteller kündigen Technik an, aber aufgrund komplizierter Lieferketten und nicht verfügbarer Materialien verzögert sich die Auslieferung. So auch bei den neuen Yamaha TW-E7B. Im Juni bereits per Pressemitteilung für den August angekündigt, als Modell zum Anfassen, aber nicht zum Hören auf der IFA im September zumindest vorgezeigt, sind die neuen In-Ears nun endlich im Handel verfügbar.

Und um bereits in der Einleitung auf den Punkt zu kommen: Nachdem Yamaha mit den letzten beiden In-Ear-Modellen TW-E3A und TW-E5B schlicht danebengelegen hat, präsentiert man jetzt endlich ein Paar Wireless-In-Ears, die den Namen Yamaha zurecht tragen.

Warum ich das so explizit bereits an dieser Stelle erwähne, ist recht schnell erklärt. Sowohl die TW-E3A als auch die TW-E5B haben nicht dem entsprochen, was man als Fan und Kenner vom Namen Yamaha erwartet. Zumindest der E5B war ein vernünftiger In-Ear, aber eben kein richtig guter Kopfhörer. Somit gingen die beiden Vorgänger des jetzt aktuellen Neuzugangs TW-E7B einfach in der breiten Masse am Markt verfügbarer Kopfhörer unter. Aber offenbar ist das auch bei Yamaha angekommen, denn endlich hat man es dort geschafft einen Earbud abzustimmen, der sicher nicht nur mich auf Anhieb mitnimmt.

Der überzeugende erste Eindruck

Es ist Dezember, Zeit der Dominosteine, des Schneematsches und der Weihnachtslieder. Auch wenn man mich dafür an die Wand nagelt, so gehört doch Last Christmas von Wham! für mich jedes Jahr am ersten Advent zu den ersten Songs, die über meine HiFi-Anlage zu Hause laufen und aufgrund der gespielten Lautstärke auch meine Nachbarn unterhalten. Aber mit einem solch profanen Lied wollte ich die Yamaha TW-E7B nicht wirklich einführen. Also wird auf Tidal die Metal Christmas Playlist aufgerufen und sich Weihnachtslieder der anderen Art gegeben. Von AC/DC bis Vulvodynia interpretieren hier Rock- und Metal-Größen das Fest der Liebe auf ihre ganz eigene Art. Trotz allen Umfangs der Playlist ist aber der Song Christmas Truce von Sabaton derjenige, der mich endlich davon überzeugt, dass Yamaha doch In-Ear-Kopfhörer kann.

Ohne an den Einstellungen etwas zu ändern, sondern so, wie ich die TW-E7B aus dem Ladecase geholt habe, gehört das Klavier mit zum Besten, was ich bisher über In-Ears aller Art vernehmen durfte. Und setzen dann erst die Gitarren und die Stimme von Sänger Joakim Bróden ein, ist es annähernd so, wie ich die Band auch von einem Live-Auftritt in Berlin in Erinnerung habe. Auch wenn ich selten Empfehlungen gebe, so sollte man sich das offizielle Music-Video zum Song unbedingt einmal vollständig anschauen …


Die TW-E7B spielen groß auf, lassen jedes Instrument auf breiter Bühne zur Geltung kommen und endlich hat man bei Yamaha verstanden, dass auch der Bass eine entscheidende Rolle bei der Abstimmung von Kopfhörern spielt. Im Gegensatz zu den Vorgängern haben die TW-E7B endlich die Dynamik, die ich bis dato so vermisst habe. Aber da geht noch mehr, denn die zusätzliche Headphone Control App bietet neben den Einstellungen zum Advanced ANC, dem Advanced Listerning Care und dem Gaming Modus auch einen 5-Band Equalizer, so dass der Klang noch zusätzlich den eigenen Vorlieben angepasst werden kann.

Aber ganz von vorn. Design ist Geschmackssache und ich werde mit der neuen optischen Gestaltung der Verpackung nicht wirklich warm. Aber es ist eben nur die Verpackung, diese ist vollständig aus Pappe gefertigt und kann damit bedenkenlos in die blaue Tonne. Viel wichtiger ist der Inhalt und hier hat Yamaha beim Design der Earbuds ganze Arbeit geleistet. Erhältlich in vier Farben ist das gelieferte Dunkelblau meines Testmusters mit den Kupferapplikationen genau meine Welt. Dazu kommt die vollständig runde Formgebung der Stecker, die sich so schon rein optisch von der breiten Masse abhebt. Die 21 Millimeter Durchmesser erscheinen auf den ersten Blick zwar groß, aber tatsächlich passen die Earbuds auf Anhieb in die Ohren.

So viel Technik in doch so wenig Volumen

Während der klassische Kopfhörer mit 40 Millimeter Treibern oder noch mehr daherkommt, ganz einfach, weil das Volumen entsprechende Größenordnungen auch hergibt, so muss man bei der Gestaltung von In-Ear-Kopfhörern viel Technik auf kleinem Raum unterbringen. Und dennoch schafft es Yamaha, in den TW-E7B Treiber in der Größe von fast schon gigantischen 10 Millimetern zu verbauen. Der Frequenzbereich liegt hier zwischen 20 Hz bis zu 20 kHz, also das volle Spektrum dessen, was das menschliche Ohr zu vernehmen mag.

Aber große Treiber machen noch keinen guten Klang. Deswegen drückt man in der Technikabteilung von Yamaha alles in die kleinen Stecker, was machbar ist und was vom anspruchsvollen Kunden heute verlangt wird. Auch bei den Vorgängern warb man mit dem typischen Yamaha True Sound, das Ergebnis war dennoch nicht überzeugend. Nun aber klingen die Kopfhörer so gut, wie ich mir das erhofft habe. Um diesen Klang bestmöglich in die Ohren des Musikfans zu bringen, verwendet man den Listening Optimizer. Diese Technik misst über interne Mikrofone den Sitz der Ohrstöpsel und ermittelt so innerhalb von Sekundenbruchteilen die optimale Frequenz.

Natürlich ist Klang subjektiv und gerade In-Ears sind für die perfekte Wiedergabe von Musik abhängig vom einwandfreien Sitz im Ohr. Ausgeliefert werden die TW-E7B mit Eartips in Größe M. Bei hochwertigen Earbuds ist aber das anfängliche Experimentieren mit verschiedenen Größen schon fast Pflicht. Erst wenn die Stecker wirklich perfekt im Ohr sitzen, ist auch der dynamische Bass zu vernehmen. Klingen die E7B also eher schwachbrüstig, sollte unbedingt ein anderer Aufsatz verwendet werden, um den optimalen Sitz zu ermitteln. Das können rechts und links auch durchaus unterschiedliche Größen sein. Was ich bei diesem Preis allerdings wieder einmal vermisse, sind Soft-Foam Tips, die sich dem Gehörgang anpassen – das können Shure bei den Aonic Free und beyerdynamic bei den Free BYRD doch auch.

Natürlich neigt man gerne dazu, die Pegel gerade bei In-Ears doch über dem Maß zu hören, das der Gesundheit der Ohren eher abträglich ist. Man erinnert sich noch mit Grausen an die ersten erhältlichen In-Ears, mit denen der nervige Typ in der U-Bahn den gesamten Waggon unterhalten hat. Bei Yamaha hat man sich seit geraumer Zeit des Themas Hörgesundheit angenommen, das Ergebnis ist Advanced Listening Care. Statt also die Musik im Ohr aufzudrehen, um ja nichts zu verpassen, regelt hier eine Software mithilfe externer Mikrofone die Frequenzen intelligent und in Echtzeit. So ist selbst bei niedriger Lautstärke der volle Genuss einer jeden Passage der Lieblingsplaylist möglich.

Kein aktueller Kopfhörer für den kabellosen Gebrauch auch außerhalb der eigenen vier Wände darf heute offensichtlich ohne Advanced ANC und Ambient Sound daherkommen. Ich persönlich stehe den beiden Funktionen eher skeptisch gegenüber, weil diese oftmals das Klangbild verändern. Ich teste diese beiden Eigenschaften aber gerne bei einer regelmäßigen Tour in der Berliner S-Bahn, wo sonst hat man die Möglichkeit, die Ausblendung von Umgebungslärm per ANC oder aber die Durchlässigkeit von externen Geräuschen für sich zu erfahren? Für den Gebrauch vor der Tür sind die Kopfhörer nach Norm IPX5 obendrein geschützt gegen Spritzwasser.

Schalte ich das Advanced ANC hinzu, verändert sich wie bei jedem Kopfhörer mit dieser Technologie leider auch der Klang. Auch wenn die Veränderung beim TW-E7B marginal erscheint, so klingt das gesamte Bild ein wenig dunkler und dumpfer. Externe Mikrofone checken die Umgebung und erzeugen innerhalb des Kopfhörers eine gegenläufige Frequenz, so dass sich beide gegenseitig eliminieren. Soweit zur Theorie, auch in der Praxis arbeitet die Technik der TW-E7B tatsächlich zuverlässig, auch wenn an verkehrsreichen oder belebten Orten dennoch noch einige Geräusche den Musikgenuss stören können. Zumindest an meinem DeLonghi Kaffeevollautomaten wurden alle Geräusche aber zuverlässig ausgeblendet.

Der Sinn des Ambient Sound wird sich mir vermutlich in diesem Leben nicht mehr erschließen. Wenn ich darauf angewiesen bin, meine Umgebung wahrzunehmen oder ich ein Gespräch mit jemandem führe, dann setze ich meine Kopfhörer ab bzw. nehme die In-Ears aus den Ohren, zumal die Qualität des Ambient Sound ohnehin von weiteren Umgebungsgeräuschen und der Lautstärke derselben abhängig ist. Aber das ist mein persönliches Problem. Rein technisch hat das System zumindest insoweit funktioniert, als dass ich sicher durch den Straßenverkehr gekommen bin. Gespräche hingegen haben mich nicht überzeugt, aber gut, entweder ich höre Musik oder ich unterhalte mich, beides gleichzeitig kann ich nicht.

Die Steuerung der In-Ears erfolgt über Schalter auf den Steckern. Diese haben einen guten Druckpunkt, so dass die Stecker bei der Nutzung von Lautstärke oder Titelsprung nicht verrutschen. Ausgezeichnet ist obendrein die Qualtität beim Telefonieren. Nicht nur, dass man seinen Gesprächspartner einwandfrei versteht, man selbst kommt auch beim Gegenüber nahezu perfekt an. Grund dafür ist ein spezieller Mikrofonkanal und die Qualcomm cVc-Technologie. Dieses Clear Voice Capture sorgt für eine richtig gute Geräusch- und Echounterdrückung, Ergebnis ist eine störungsfreie Qualität bei Telefonaten.

Weitere wichtige Eigenschaften bei In-Ears sind die Akkulaufzeit und die Reichweite der Bluetooth-Verbindung. Yamaha nutzt für die TW-E7B die Bluetooth-Version 5.2, unterstützte Profile sind SBC, AAC und Qualcomm aptX Adaptive. Die Reichweite der Verbindung beträgt hier innerhalb der Wohnung tatsächlich gut 15 Meter vom Bürostuhl zur Kaffeemaschine. Somit sind meine persönlichen Ansprüche an die kleinen Yamahas erfüllt. Die Akkulaufzeit beträgt laut Hersteller 6 Stunden plus zusätzliche 16 Stunden beim Laden über das Case. Da die Earbuds nach jedem Gebrauch wieder im Case landen, kann ich zumindest bei der Gesamtlaufzeit den Wert bestätigen, ich kam hier auf gute 21 Stunden.

Eine App für alle Funktionen – und ein wenig mehr

Nutzte der TW-E3B noch die App Headphones Controller, die keinerlei Funktionen beinhaltete, bietet man bei Yamaha für den TW-E7B die App Headphone Control an. Warum man bei Yamaha auf die wirklich dumme Idee kam, hier zwei unterschiedliche Apps mit fast identischem Namen zu veröffentlichen, erschließt sich mir nicht wirklich, zumal die Verwechslungsgefahr immens ist – ich habe das unbeabsichtigt für euch getestet.

Hat man aber die korrekte App installiert, ist man von der Schlichtheit und Übersichtlichkeit der Software angetan. Sind die In-Ears verbunden, reichen zwei Seiten aus, um die volle Kontrolle über den Klang zu haben. Nicht üblich, aber gerne genommen, ist ein zusätzlicher 5-Band-Equalizer, der fünf Presets für verschiedene Stilrichtungen zur Verfügung stellt, zwei weitere lassen sich vom User persönlich einrichten und speichern. So bekommen die vom Start weg schon einwandfreien Kopfhörer noch einmal eine persönliche Note.

Fazit:

Yamaha hat es im dritten Anlauf endlich geschafft, mit den TW-E7B ein paar In-Ears zu produzieren, die nun so klingen, wie man es von diesem Hersteller erwartet. Gerade der originale Klang ohne hinzugeschaltetes Advanced ANC oder Ambient Sound überzeugt mit einer einwandfreien Abstimmung, die über die App aber noch einmal den persönlichen Vorlieben entsprechend angepasst werden kann. Dazu kommt ein ungewöhnlich cooles Design, welches die In-Ears von den üblichen Steckern anderer unterscheidet.

Gute Kopfhörer kosten Geld, der Yamaha macht da keine Ausnahme. Allerdings reicht die Preisspanne hier aufgrund der Aktualität noch von 199€ bis deftigen 262€. Vergleichen lohnt sich also unbedingt. Wer sich aber für die TW-E7B entscheidet, bekommt einen einwandfreien Kopfhörer, der jetzt die Melomania Touch von Cambridge Audio als meine bisherigen Lieblings-In-Ears ersetzt.


Link zum Hersteller: Yamaha TW-E7B