Hardwaretest: nubert nuLine RS-54 – Länge x Breite x Höhe

Zuerst war alles Mono. Ich erinnere mich noch gut an das braune, stoffbespannte Röhren-Radio meiner Oma und an die erste Soundtruhe meines Vaters. Die Musikanlage im Stile eines Sideboards hat damals ein Vermögen gekostet und war dann kurz darauf etwas weniger wertvoll, als ich als kleiner Bengel die ersten Muster in die Oberfläche gekratzt habe. Wenig später wurde Stereo modern und die Boxentürme rund um die Anlage konnten nicht gewaltig genug sein.

Der perfekte Stereo-Klang ist heute bei Musik so aktuell wie immer, aber die Entwicklung beim Heimkino hat inzwischen eine rasante Entwicklung genommen. Der bis vor Kurzem zweidimensionale Raumklang ist in der dritten Dimension angekommen. Eben noch aktuelle Receiver mit der Bezeichnung 5.1 wirken bereits antiquiert, denn immer mehr Geräte beherrschen mindestens 7.1. Die Krone der Schöpfung liegt momentan bei 11.2. Aber was bedeuten diese Zahlen eigentlich?

Bei einem 5.1 System werden fünf Boxen und ein Subwoofer verwendet. Dieses System besteht dann in der Regel aus zwei Frontlautsprechern, einem Center und zwei rückseitigen Boxen für den Effekt des Raumklangs, dazu kommt der Subwoofer, der für die Bässe zuständig ist. Bei einem 7.1 System kommen hier noch einmal zwei Boxen an den Seiten des Hörers hinzu, um den Raumklang noch intensiver dazustellen. Der Klang „wandert“ also von vorne, über die Seite nach hinten. Damit ist der Raumklang aber noch immer nur zweidimensional – er wird nur in Länge und Breite dargestellt.

Auch die Technik ist in diesem Fall noch immer Kanal-basiert. Der Tontechniker steuert also für den Effekt eines vorbeifahrenden Autos mehrere Boxen an, die akustisch – auch durch unterschiedliche Lautstärke – ein sich bewegendes Fahrzeug simulieren. Doch seit zwei Jahren sind neue Ton-Formate auf dem Vormarsch – Dolby Atmos und DTS:X
Beide bringen den Klang nun auch in die Höhe über den Kopf des Zuschauers bzw. Zuhörers. Der Klang wird damit dreidimensional und kommt der Realität näher als jemals zuvor. Durch seine einzigarte Bauform ist das menschliche Ohr in der Lage, Töne aus allen Richtungen wahrzunehmen, auch wenn wir in eine völlig andere Richtung schauen. So erkennen wir Geräusche hinter, aber auch über uns. Flugzeuge und Vögel fliegen nun einmal über, aber nicht neben uns. Regen kommt von oben und Glocken läuten oben im Turm. Das alles nehmen wir wahr, ohne hinschauen zu müssen.

Diese Fähigkeit machen sich nun die modernen Tonsysteme zunutze und aus dem Kanal-basierten Sound wird ein Objekt-basierter. Statt also ein sich bewegendes Objekt wie bisher verschiedenen Lautsprechern zuzuordnen, wird der Klang jetzt in einem virtuellen, dreidimensionalen Raumgitter einem einzelnen Objekt zugewiesen. Der Schall folgt damit diesem Objekt über die verschiedenen Boxen. So kann zum Beispiel in einem Science Fiction Film jedes Raumschiff eine einzelne Tonspur erhalten, so dass dann wirklich der akustische Eindruck entsteht, diese flögen in allen Richtungen durch den Raum. Um diesen Effekt auch zu Hause darstellen und genießen zu können, benötigt die heimische Anlage sogenannte Präsenz-Lautsprecher.

Genau solche Lautsprecher hat mir die Firma nubert nun für einen Test zur Verfügung gestellt. Die nuLine RS-54 sind von Dolby zertifiziert und sollen den Klang am eigenen Soundsystem in die Höhe hieven. Die Integration von Präsenz-Boxen in das eigene System ist recht simpel. Voraussetzung ist jedoch, der Receiver beherrscht Dolby Atmos oder DTS:X. Die entsprechende Anleitung beschreibt genau, wie und wo die zusätzlichen Boxen anzubringen sind. Die eigentliche Kunst ist die Aufstellung solcher Zusatzlautsprecher, um das optimale Klangbild zu erhalten.

Es gibt nämlich mehrere Möglichkeiten, seine Soundanlage akustisch mit Dolby Atmos aufzuwerten, doch nicht jede ist machbar oder führt zum bestmöglichen Ergebnis. So bietet die Anbringung an der Decke zwar den besten Klang, ist aber wohl selten zu realisieren. Weiterhin besteht die Möglichkeit, Präsenz-Lautsprecher über dem TV an der Wand anzubringen, diese in einem vorhandenen Regal zu platzieren oder aber sie werden einfach auf die vorhandenen Standlautsprecher gelegt. Je nach Aufstellung oder Anbringung strahlen die Boxen dann den Klang direkt ab oder dieser wird von der Zimmerdecke reflektiert. Die nuLine RS-54 sind universell einsetzbar. Bis auf die Deckenmontage, von der nubert aufgrund des fokussierten Abstrahlverhaltens abrät, können die kleinen Zusatzlautsprecher beliebig aufgestellt werden. Entscheidend sind immer die räumlichen Voraussetzungen.

Nimmt man die kleinen RS-54 aus ihrer jedem hektischen Paketboten wiederstehenden Verpackung, fällt sofort das doch für diese Größe hohe Gewicht auf. Jede der Boxen bringt 4,4 Kilogramm auf die Waage, für einen stabilen Untergrund oder feste Verankerung von Schrauben in der Wand sollte also vor der Inbetriebnahme gesorgt werden. Schön ist, dass bei der Wandmontage keine zusätzliche Halterung benötigt wird. Die Boxen haben Ösen im Gehäuse, eine passende Bohrschablone befindet sich in der kurzen und sehr verständlichen Anleitung.

Ausgestattet sind die RS-54 mit jeweils einem 30 Millimeter Hoch- und einem 150 Millimeter Tieftöner. Für den Hochtöner verwendet nubert eine eigens entwickelte Seidengewebekalotte, beim Tieftöner kommt eine Membran aus Polypropylen zum Einsatz. Das Gehäuse besteht aus mehrfach lackierten MDF und ist in mattschwarz oder -weiß erhältlich. Zwischen den beiden vergoldeten Schraubklemmen befindet sich ein kleiner Kippschalter. Dieser wird je nach Verwendung der Box eingestellt. Hängt die Box an der Wand oder steht im Regal, wird die Position direkt ausgewählt, beim Aufsatz auf einen Standlautsprecher wählt man entsprechend die Stellung reflexiv, weil der Schall ja von der Decke reflektiert werden soll. Mehr benötigt es nicht, um endlich auch zu Hause in den Genuss von Dolby Atmos zu kommen.

Ich habe mir zum Test die 4K Blu-ray von Stephen Kings ES gekauft. Endlich ist Dolby Atmos nicht nur bei den Receivern für den Hausgebrauch angekommen, immer mehr Filme verfügen über eine entsprechende deutsche Tonspur. Der Film selbst ist im Kino an mir vorbeigegangen, so dass ich gespannt war, was mich akustisch wie optisch erwartet? Und gleich die erste Szene lässt einen heftigen Regenschauer auf den Zuschauer prasseln, besser kann der Einstieg für ein Dolby Atmos Heimkino also kaum beginnen.

Als Receiver dient der Yamaha RX-A1050, nach einer Einmessung stehen neben dem bisher vorhandenen 5.1 Soavo System nun auch die kleinen nubert als Präsenz-Speaker zur Verfügung. Ich habe die Boxen für den ersten Versuch als Regallautsprecher mit direkter Schallabstrahlung in 1,65 Meter Höhe eingerichtet, mehr geht nicht. Die Anleitung gibt aber eine Höhe von 1,80 Meter vor, mal schauen, ob das alles trotzdem so funktioniert, wie wir uns das erhoffen?

Da mehr Ohren besser hören, sitzen wir für den ersten Eindruck zu dritt vor dem TV. Und weil wir den Film nicht kennen, starten wir den ersten Versuch mit der klassischen DTS-HD Tonspur. Wir wollen einen Vergleich haben zu dem, was uns gleich mit Dolby Atmos erwartet. Der Ton ist auch ohne die zusätzlichen Höheneffekte schon überragend, also Neustart, diesmal mit Dolby Atmos. Und schlagartig füllt sich das Wohnzimmer mit Regen – hatten wir gehofft. Scheinbar war die Erwartungshaltung doch größer, als das tatsächliche Ergebnis. Ja, der Klang ist voller und intensiver, aber echte Höheneffekte, so dass man in dieser Regen-Szene fasziniert an die Decke starrt, kommen irgendwie nicht zustande. Gleiches gilt für Die Mumie, der zum Vergleich in den Schacht der Xbox One X wandert. Auch hier bieten die nubert ein volleres Klangbild, allerdings ohne echte Höhe.

Aber die kleinen RS-54 geben den Schall ab, nur haben wir sie ganz offensichtlich noch nicht korrekt aufgestellt oder eingerichtet. Die Front der kleinen Speaker ist für den Aufsatz auf Standlautsprechern um 20 Grad geneigt, beim Aufstellen im Regal beträgt die Neigung noch 10 Grad. Im ersten Versuch läuft der Sound also scheinbar über die Köpfe der Zuhörer hinweg und verpufft. Da sich hinter dem Sofa eine Dachschräge befindet, stellen wir die Boxen jetzt auf die Schalterstellung reflexiv, um zu schauen, ob der Schall nicht nur von der Decke reflektiert wird, sondern auch von einer schrägen Wand?

Und jetzt haben wir den gewünschten Effekt, nämlich ein Klangbild mit Volumen. In so vielen Szenen füllt sich der Raum mit Sound aus allen Richtungen. Besonders intensiv empfanden wir dies bei ES, als der Club der Verlierer im Finale Pennywise in der Kanalisation unter der verlassenen Villa gegenübersteht. Aber auch in der Mumie ergibt sich nun ein räumlicher Klang, der den Zuhörer in das Geschehen hüllt. Als der Sarkophag per Hubschrauber aus seinem tausende Jahre alten Versteck gehoben wird, ergibt sich eine glaubhafte Illusion von Höhe.

Dennoch positionieren wir die Boxen testweise nochmals um. Denn die kleinen RS-54 dienen schließlich auch als Aufsatzbox auf vorhandenen Standlautsprechern. Das mag bei Systemen mit ebener Oberfläche perfekt funktionieren, meine Soavo hingegen fallen jedoch um 10 Grad nach hinten ab. Die 20 Grad Neigung der nubert Boxen sind damit hinfällig, weil der Klang nun fast senkrecht zur Decke abgegeben wird. Es kommt kein Höheneffekt zustande. Auch eine tiefere Positionierung im Regal bringt keine Verbesserung des Klangs. In beiden Fällen wurde das System über den RX-A1050 neu eingemessen, das Ergebnis kam nicht ansatzweise in die Nähe raumfüllenden Klangs. Eine Anbringung an der Wand konnten wir nicht testen, da hinter dem TV schlicht keine Wand zur Verfügung steht. Das Ergebnis wäre jedoch mit Sicherheit interessant gewesen, da die kleinen nubert hier den Klang aus der Höhe direkt an den Zuhörer abgeben.

Es sind aber nicht mehr nur Filme, die Dolby Atmos für ein intensiveres Erlebnis nutzen. Auch bei einigen wenigen Videospielen verwenden oder erweitern Entwickler die vorhandenen Möglichkeiten. Eines dieser Spiele ist Rise of the Tomb Raider. Bereits 2015 erschienen, wurde der Titel im November 2017 mit einem kostenlosen Update noch einmal für die Xbox One und One X aufpoliert und bietet nun neben 4K und HDR auch Dolby Atmos. Grund genug, das Spiel noch einmal auf der aktuellen Xbox neu zu installieren.

Auch beim Spielen bietet sich das gleiche Bild wie schon bei Filmen. Die nuLine RS-54 schaffen durch die zusätzlichen Höhenkanäle eine nochmal intensivere Atmosphäre. Wasserfälle rauschen lebhafter, Dschungel erscheint lebendiger. Und jeder Effekt ist abhängig von der Position der Protagonistin Lara Croft. Dreht sich die Figur in der Landschaft, wandert der Ton mit. So entstehen schon je nach Blickwinkel auf das Geschehen andere akustische Eindrücke.

Aber es sind nicht nur die reinen Effekte, die den Kauf von Präsenz-Lautsprechern rechtfertigen, es ist die allumfassende Akustik, die schon mit diesen zwei zusätzlichen Boxen für ein intensiveres Erlebnis sorgt. Spezielle Effekte sind dann die zusätzliche Sahne auf dem Kuchen.

Fazit:

Es bedarf nicht viel, sein Heimkino mit Dolby Atmos aufzurüsten. Schon mit zwei kleinen nuLine RS-54 erlebt der Sound eine so hörbare Aufwertung, dass man zukünftig etwas verwirrt schaut, wenn Filme die dritte Dimension im Klang nicht unterstützen. Wer einmal Dolby Atmos zu Hause genossen hat, mag nicht mehr darauf verzichten.

Die RS-54 sind hervorragend verarbeitet und optisch mehr als nur schmückendes Beiwerk für ein bestehendes System. Die größte Stärke liegt in der Flexibilität. Während andere Modelle nur das eine oder das andere können, bietet nubert dem Käufer die freie Wahl in der Verwendung als Aufsatzbox, hängend an der Wand oder stehend als Regallautsprecher. Und diese vielfältigen Einsatzmöglichkeiten haben hier überzeugt.

Nicht jeder hat die räumlichen Möglichkeiten, eine Dolby Atmos Box entsprechend der Vorgaben des Herstellers zu nutzen. Ich wäre beim Test mit den kleinen nuLine als Aufsatzbox und bei der Wandanbringung gescheitert. Deswegen verrichten die RS-54 zukünftig ihre Arbeit vom Regal aus. Das gesamte Sound-Paket ist jetzt so stimmig, dass ich mir die Boxen nach dem Test gekauft habe.
Bleibt nur zu hoffen, dass es in Zukunft noch mehr Filme und Spiele mit Dolby Atmos Tonspur geben wird.

Link zur Herstellerseite: nubert nuLine RS-54

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Fotos: Michael Schulz + nubert Produktfotos