Hardwaretest: KEF LS50 Wireless II – großer Klang zum großen Preis

Liest man sich das Datenblatt der LS50 Wireless II von KEF durch, scheint hier ein nahezu perfektes All-in-One Soundsystem gebaut worden zu sein. Es handelt sich um Aktivboxen mit jeweils 380W Leistung, in einer kompakten Bauform, welche eine Vielzahl von Aufstellungsmöglichkeiten ermöglicht. Die Boxen kommunizieren, wie der Name schon sagt, kabellos miteinander, können ebenfalls mit dem heimischen WLAN verbunden werden, bieten über eine App die Konnektivität zu einer ganzen Reihe an Streaminganbietern, sie können Apple AirPlay 2, Chromecast, haben eine Bluetooth 4.2 Schnittstelle und sind Roon ready. Außerdem ist es möglich, Quellen via HDMI eARC, Toslink und Stereo Cinch anzuschließen.

Auffällig ist schon beim Auspacken der KEF LS50 Wireless II das besondere Design der Lautsprecher. Die nach außen gewölbte Front, die in mattem Finish gehalten ist, hebt sich optisch schön vom restlichen Gehäuse ab, welches in Klavierlackoptik gehalten ist. KEF bietet hier eine breite Farbauswahl. Geliefert werden die LS50 Wireless II wahlweise in Carbon Black, Titanium Grey, Mineral White und in einer Special Edition kommen sie auch in Crimson Red nach Hause.

Die Lautsprecher sind mit den Maßen von 305 x  200 x 311 Millimetern kompakt gebaut und können auch problemlos auf einem Regal oder einer TV-Bank neben dem TV Gerät Platz nehmen. Zusätzlich können die LS50 II aber auch auf einem optionalen Standfuß montiert werden. Der KEF S2 Floor Stand ist für 450€ separat im Onlineshop erhältlich. Die Verarbeitung ist tadellos, das Terminal mit allen Anschlüssen ist bündig eingelassen, hier steht nichts über oder produziert unnötige Kanten. Auch das Gewicht von 20kg verspricht hier Wertigkeit.

KEF verbaut in den kleinen Speakern jeweils einen im Hause KEF selbst entwickelten Uni-Q Array Treiber, bei dem der Hochtöner in der Mitte eines Tief-Mitteltöners platziert wird. Diese Chassis-Anordnung sorgt dafür, dass hohe und tiefe Frequenzen am gleichen Ort entstehen und so einen besonders natürlichen Klang mit hervorragender Räumlichkeit erzeugen können.

Wer seine LS50 II nicht Wireless miteinander verbinden möchte, hat natürlich auch die Möglichkeit die Verbindung durch ein Kabel herzustellen. Es gibt eine kostenlose App für iOS und Android, mit der sich sowohl Klangoptimierungen vornehmen lassen, als auch die Steuerung der Wiedergabe, falls die mitgelieferte Fernbedienung gerade verlegt oder nicht erreicht bar ist. Das ist bis hierhin ganz schön viel Ausstattung für so kleine Lautsprecher.

Ich war im Vorfeld sehr gespannt auf diese platzsparenden Multitalente aus dem Hause KEF, da sie mein erstes Paar Test-Lautsprecher der britischen Hifi Schmiede sind. Ich hatte vor einiger Zeit schon einmal die R5 von KEF bei einem Freund live in Aktion erleben können, diese hatten mich absolut begeistert, aber da ich aus Platzgründen in meinen Räumlichkeiten gerne kleine und kompakte Klangwunder teste, war ich hier besonders gespannt, wie viel Leistung und Klang aus dem Gehäuse der LS50 II kommen? Darüber hinaus sind die R5 und die LS50 Wireless II auch nicht miteinander vergleichbar, da es sich bei den R5 um klassische Passivboxen handelt.

Das Aufstellen der optisch so coolen Lautsprecher stellt sich erst einmal als kinderleicht heraus. Klar, man muss ja kein Kabel zwischen Master und Slave ziehen. Das Einrichten ist Dank der „KEF Connect“ App kein Hexenwerk. Der Guide der App führt durch die Einrichtung und hilft bei eventuellen Problemen mit hilfreichen Tipps und Hinweisen. Bis hierher schon einmal Top. Die Bedienung ohne App ist hier aber ebenfalls möglich, da KEF zu den LS50 Wireless II eine Fernbedienung mitliefert und man auf der Master Box auf der Oberseite ein Sensorbedienfeld verbaut hat. Letzteres ist, wie fast alle Bedienfelder dieser Art, allerdings manchmal ein bisschen widerspenstig. Nicht immer wird eine Berührung erkannt, manchmal kommt die Reaktion erst verzögert und alles in allem wäre es schön gewesen, wenn die Box auch gleich ein kleines Display mitbekommen hätte, damit zum Beispiel die aktuell angewählte Quelle leichter festgestellt werden kann. So müssen die Eingänge nacheinander durchgeschaltet werden oder es lässt sich erst in der KEF Connect App über die Übersicht auf der Hauptseite die aktuelle Quelle feststellen. Wer das Bedienfeld grundsätzlich nicht nutzen möchte, hat die Möglichkeit, es über die App zu sperren.

Zum Warmlaufen habe ich mein iPad per Bluetooth verbunden und via Spotify und Tidal die Musikwiedergabe gestartet. Etwas überrascht war ich allerdings, dass beide Streaming-Dienste zwar namentlich in die App integriert sind, jedoch beim Abspielen dann die externe, auf dem Zuspieler installierte App starten. Ich könnte daher auch gleich die Tidal- oder Spotify App starten und mich von dort mit den LS50 Wireless II verbinden, ohne die KEF App nutzen zu müssen. Das iPad Air 4 ist mit Bluetooth 5.0 ausgestattet, die Schallwandler, wie anfangs schon erwähnt, kommen mit einer 4.2 Bluetooth Schnittstelle zum Hörer nach Hause. Dass Bluetooth 4.2 oft als „Standard von gestern“ bezeichnet wird, soll bei diesem Test zuerst einmal nicht weiter stören. Eine aktuelle 5.0 Schnittstelle wäre jedoch bei einem Preis von gut 2.500€ wünschenswert gewesen da hier die doppelte Übertragungsrate des 4.2 Standards erzielt wird. So wären sogar bis zu 2 Mbit/s möglich, bei Enhanced Data Rate (EDR) sind es sogar bis zu 3 Mbit/s. Auch wenn die Stärke der LS50 Wireless II ganz klar auf der Kommunikation über das Heimnetzwerk liegt, kann der HiFi-Enthusiast erwarten, dass beste Technik und neueste Standards in seinen teuren Endgeräten verbaut sind. Man möchte eben nicht jeden Besuch mit seinem Zuspieler ins heimische Netzwerk einbinden, um eine Playlist über die LS50 II zu spielen, da ist die schnelle Verbindung über Bluetooth einfach noch immer das Maß der Dinge.

Über die LS50 Wireless II klingt das jüngst erschienenen Album „Carnage“ von Nick Cave und Warren Ellis absolut brillant und atemberaubend. Die düstere und melancholische Stimme von Cave klingt kraftvoll, jedes Stück hat seine eigene Atmosphäre die die LS50 Wireless II grandios zu transportieren vermögen. Über die gesamte Dauer der Wiedergabe wird mir hier eine Gänsehaut nach der anderen beschert. So macht Musik hören und neu entdecken richtig Spaß.

So großartig der Klang der LS50 Wireless II aber ist, die Verbindung war während der Wiedergabe über Bluetooth leider nicht stabil. In so ziemlich jedem Song, gab es kurze Aussetzer, was den Hörgenuss schmälerte. Aus diesem Grund bin ich bereits nach kurzer Zeit auf die Verbindung via AirPlay umgestiegen – neue Verbindung, neues Glück. Weiter ging es mit den Arctic Monkeys und ihrem 2013 erschienenen Album „AM“. Auch hier überzeugten die Speaker von KEF in Sachen Klang auf voller Linie. Treibende Bässe und detailreiche Mitten, klare Gesangsstimmen. Auch wenn die Stabilität der Verbindung hier besser war als via Bluetooth, gab es auch hier gelegentlich kurze Aussetzer. Diese waren aber nicht so häufig.

Da ich für diesen ersten KEF-Testbeitrag alle Fehler meinerseits vermeiden und ein technisches Problem mit den LS50 Wireless II ausschließen wollte, hielt ich aufgrund der Verbindungsabbrüche Rücksprache mit dem KEF Senior Product Specialist Frank Eschholz. Dort reagierte man etwas verwundert, dass ich das System mit Bluetooth verwende. Seine optimale Qualität könne das System tatsächlich nur über das heimische Netzwerk ausspielen. Nichts leichter als das, die Verbindung mit dem Heimnetzwerk funktioniert sowohl über LAN, als auch über WLAN. Und tatsächlich spielen die LS50 II groß und nun vor allem unterbrechungsfrei auf. Der Klang ist mit allen gespielten Genres ein echtes Erlebnis, so wie sich das bereits bei den vorher gespielten Alben vermuten ließ. Die LS50 II schaffen es trotz ihrer geringen Größe, den Raum in Klang zu hüllen. Alle Instrumente sind ortbar, alle Tonlagen von Höhen über Mitten bis hin zu den tiefsten Bässen klingen einwandfrei und nehmen den Hörer an die Hand, um ihn aus dem Alltag zu entreißen. Genau das hatte ich von KEF erwartet – Musik ist über das Netzwerk der pure Genuss.

Und dennoch wollte ich die Bluetoothschnittstelle noch nicht aufgeben, also habe ich als nächstes mein MacBook per Bluetooth mit den LS50 Wireless II gekoppelt, welches ebenfalls den 4.2 Standard nutzt, Zeit für einen Filmabend. Doch leider gab es auch hier ein Problem mit der Verbindung. Auf dem Weg vom Notebook zu den Boxen entsteht ein Delay von ungefähr 2 Sekunden, das hört sich erst einmal nicht nach viel an, stört bei der Wiedergabe eines Films aber doch sehr. Handlung und Ton sind bereits so asynchron, dass es keinen Spaß mehr macht, Filme zu schauen. Spiele ich hingegen jetzt Musik vom MacBook an die Lautsprecher, ist die Verbindung nun stabil. Ganz offenbar gibt es also nur ein Problem mit Unterbrechungen, wenn die LS50 Wireless II und der Zuspieler nicht den gleichen Bluetooth-Standard verwenden.

Auch beim Film bin ich daher wieder auf die Verbindung per AirPlay umgestiegen. Die Tonverzögerung ist nun komplett verschwunden, die Verbindung ist stabil. Zwar muss AirPlay immer wieder neu angewählt werden, sobald man einen neuen Film abspielen will, aber das empfinde ich als einen zu vernachlässigenden Handgriff. Der Klang, den die LS50 Wireless II liefern ist auch hier sehr beeindruckend. Die düstere und teils auch beängstigende Atmosphäre der HBO Serie „Chernobyl“ erfüllt den gesamten Raum. Wenn im zerstörten Reaktor etwas einstürzt oder weitere Trümmer abbröckeln, hört es sich an, als würde dies in meinem Büro geschehen. Manchmal wirkt die Situation so real, dass ich fast ein wenig Angst habe, nun auch radioaktiv verstrahlt zu sein. Diese intensive Klangatmosphäre fesselt den Hörer so sehr ans Geschehen. Wenn man so manches mal während eines Films noch am Smartphone getippt hat, ist das hier unvorstellbar, zu intensiv nimmt einen der Klang der KEF LS50 Wireless II gefangen. Ablenkung ist unmöglich.

Nun wollte ich zum Abschluss aber noch erleben, wie sich die Boxen aus dem Hause KEF als Booster für den TV-Sound machen? Über den HDMI eARC Port ist der Master fix an mein Apple TV 4K angeschlossen. Es ist an dieser Stelle unglaublich komfortabel, dass beide Boxen drahtlos kommunzieren, da man so nicht limitiert wird, was die Platzierung im oder auf dem Regal angeht. Normalerweise entsteht bei einer kabelgebundenen Verbindung oft eine ungünstige Konstellation, da das Kabel jetzt genau 10 Zentimeter zu kurz ist, um die Boxen optimal aufzustellen. Nicht so bei den LS50 Wireless II. Das beste Klangergebnis habe ich erzielt, indem ich die Boxen einfach mit etwas Abstand rechts und links vom TV-Gerät aufgestellt und auf meine Hörposition ausgerichtet habe. Hier punktet auch noch einmal die gewölbte Schallwand der LS50 II, da diese Klang gleichmäßig im Raum verteilt.

Durch den Anschluss über den HDMI eARC ergibt sich ein weiterer, sehr angenehmer Vorteil. Die Lautstärke ist problemlos über die Fernbedienung meines Apple TV regelbar, was für Ordnungsfanatiker ein großer Pluspunkt ist, da die zusätzliche Fernbedienung der Boxen nicht auch noch auf dem Couchtisch liegen muss.
Und so taucht man bei Disneys Raya und der letzte Drache direkt ins Abenteuer ein. Egal was die Heldin des Films gerade erlebt, man ist hautnah dabei und fiebert mit. Die Kampfszenen sind klanglich ebenso beeindruckend wie die ruhigeren Momente des Films. Während man beim Zweikampf der Protagonistin Raya und ihrer Gegenspielerin Namaari die Klingen ihrer Schwerter durch die Luft surren hört, sind die Dialoge klar und bringen eine gewisse Leichtigkeit mit sich. Auch das Brummen und Gurren von Rayas ständigem Begleiter TukTuk hört sich sehr natürlich und lebendig an. Somit werden die LS50 II nicht nur Musikfans begeistern, auch Filmfans mit wenig Raum für große Lautsprecher, aber hohen Ansprüchen an den Klang kommen voll auf ihre Kosten.


Fazit:

Das Konzept der LS50 Wireless II klingt großartig. Ein Lautsprechersystem, welches nichts weiter benötigt als ein Stromkabel, ist topaktuell und auf der Höhe der Zeit. So großartig der Klang aber auch ist, leider war die kabellose Verbindung per Bluetooth nicht immer stabil. Die Verbindung über AirPlay ist auch nur eine Alternative, die jedoch zumeist recht zuverlässig funktioniert. Die LS50 II arbeiten hingegen einwandfrei im heimischen Netzwerk, dort spielen sie ihre gesamte Stärke aus. Wer sie jedoch nur über Bluetooth oder AirPlay nutzt, wird auf Dauer wahrscheinlich nicht glücklich mit dem System.

Beim Thema Klang macht KEF mit den LS50 Wireless II keine halben Sachen. Der lebendige Sound mit kräftigen und dynamischen Bässen ist intensiv und nimmt den Hörer mit. Mitten und Höhen klingen sehr detailreich und ausgewogen. Durch die HDMI-Schnittstelle am Master können die Lautsprecher sogar noch den TV-Sound erheblich aufwerten und sind somit nicht bloß beim kabellosen Streamen von Musik zu verwenden. Man erhält mit den LS50 Wireless II ein modernes und effizientes Soundsystem, das viele Möglichkeiten und großartigen Klang zu einem mit knapp 2.500,-€ allerdings recht deftigen Preis bietet.


Link zum Hersteller: KEF LS50 Wireless II