Hardwaretest: Cambridge Audio Melomania 1+ – Gutes noch ein wenig besser gemacht

Wir hatten bereits vor 2 Jahren die ersten Melomania 1 in den Ohren und waren vom Great British Sound fast vollständig begeistert. Anfang des Jahres hatten wir als eine der ersten Redaktionen die neuen Melomania Touch hier zum Test, die mich aufgrund des Klangs, der Bedienung und vor allem wegen des Formfaktors und der damit verbundenen, großartigen Passform dann restlos überzeugten. Trotz zahlreicher weiterer Tests verschiedenster wireless In-Ears sind die Touch bis heute meine Lieblingskopfhörer, die ich höchstens einmal zum Anschauen aus den Händen gebe. Umso erstaunlicher war für mich daher, dass Cambridge Audio innerhalb so kurzer Zeit dann die Melomania 1+ nachlegt. Da haben die Briten die Messlatte im eigenen Haus aber sehr hoch angelegt.

Auf den ersten Blick unterscheiden sich die neuen Melomania 1+ nicht von den bereits bekannten Melomania 1. Auf den zweiten Blick dann auch nicht, eigentlich hat Cambridge Audio am Design gar nichts geändert. Die In-Ears gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Erst wenn man beide Lade-Cases direkt miteinander vergleicht und nebeneinander hält, fällt der neue USB-C Anschluss auf. Man geht also mit der Zeit.

Die erste wirkliche Neuerung findet sich dann beim Durchstöbern der Verpackung. Wenn mich beim Test von egal welchen Kopfhörern bisher wirklich etwas gestört hatte, waren es die meist unbequemen Silikon-Ohrstöpsel, die ich nach Möglichkeit nach den ersten Hörminuten gegen meine Comply aus Memory-Schaum austauschte. In der Verpackung befinden sich nun neben fünf verschiedenen Paaren der klassischen Silikon-Aufsätze auch gleich vier Paar Comply-Memory Foam Aufsätze, die sich perfekt dem eigenen Gehörgang anpassen. Wenn man bedenkt, was die Comply im Handel kosten, hat man bei Cambridge Audio tief in die eigene Tasche gegriffen, um das Hören und die Passform noch viel angenehmer zu machen – perfekt!

Und offenbar hat man sich bei Cambridge Audio auch meine damalige Kritik an einer unlesbaren Anleitung zu Herzen genommen, denn endlich können auch Menschen fortgeschrittenen Alters mit nachlassender Sehkraft die Anleitung tatsächlich erkennen. Obwohl sich die Schriftgröße kaum geändert hat, ist der Quick Start Guide ist nun mit Bildern versehen, so dass bei der Einrichtung per Bluetooth nichts mehr schiefgehen sollte. Wieder dabei und für Einsteiger in die Materie In-Ears hilfreich ist die kleine, scheckkartengroße Anleitung zur Bedienung der Melomania 1+. Auf dieser sind sämtliche Funktionen dargestellt, so dass man zumindest anfangs nicht wild auf den Knöpfen drückt, um die Lautstärke zu regulieren oder zum nächsten Titel zu springen. Auch das ist mehr als vorbildlich.

Es ist also an der Zeit, die bereits vorgeladenen Stöpsel aus ihrem Case zu befreien und diese mit dem Smartphone zu verbinden. Zuerst wird der rechte Hörer gekoppelt, nachdem der aus der Verpackung genommen wurde, genügt ein etwas längerer Druck, um das Pairing zu aktivieren. Das Smartphone findet den rechten Melomania 1+ sofort und koppelt daraufhin auch gleich den linken. Die Einrichtung dauert keine 30 Sekunden und schon steht dem Klang der Lieblings-Playlist nichts mehr im Wege. Tidal schlägt auf der Startseite regelmäßig neue Alben vor, das ist insoweit spannend, als dass man hier entweder in der Musik hängenbleibt oder aber so schnell wie möglich etwas anderes sucht.

Und bei diesen Vorschlägen fand sich eine Band und ein Album, von denen ich bisher nichts gehört hatte. Was mich aber bewog, hier einmal genauer hinzuhören, war der Ort der Aufnahme. Denn das Album In A Decade von Hundreds wurde in der Elbphilharmonie eingespielt. Bereits die ersten Töne nehmen mich mit, auch wenn Elektropop sonst nicht wirklich meine Musikrichtung ist. Aber die intensive Stimme der Sängerin Eva Milner in Verbindung mit dem Hall der Philharmonie lassen mich dann schlussendlich das Album nicht nur bis zum Ende hören, sondern das auch in eine meiner Playlists aufzunehmen. Auch wenn es heißt, dass sich gute Musik nicht beim ersten Hören erschließt, beweisen die Melomania 1+ hier das Gegenteil. Spätestens der Song Wait For My Raccoon, bei dem dann zusätzlich das klassische Orchester groß aufspielt, sorgt dann endgültig für Gänsehaut. Cello in Verbindung mit Schlagzeug ist eine so unfassbar coole Kombination.

Aber selbstverständlich muss man die neuen Melomania 1+ nicht so hören, wie Cambridge Audio das dem Käufer in den Werkseinstellungen vorsetzt. Erstmalig bei den Melomania Touch eingeführt, steht die wirklich gute Melomania-App nun auch den 1+ zur Verfügung. Die App findet die neuen In-Ears auf Anhieb und wie üblich steht ein kurzes Update an. Ist das erledigt begibt man sich mit einem Fingertipp in den Equalizer, um den Klang den persönlichen Vorlieben anzupassen. Hier besteht neben einigen voreingestellten Presets die Möglichkeit, den Klang über fünf Bänder zu personalisieren. Hat man seine Einstellung gefunden, lässt sich diese auf einen der drei möglichen Speicherplätze ablegen. Neben dem Equalizer fällt die Funktion Meine Kopfhörer finden auf. Hat man seine Melomanias tatsächlich mal irgendwo liegenlassen, kann man sie über die App orten. Die App ist schlicht und damit großartig gestaltet, auf der Startseite wird der aktuelle Ladestand der beiden In-Ears angezeigt. Die Kopfhörer selbst haben eine Laufzeit von bis zu sieben Stunden im Hochleistungs-Audiomodus, mit dem Ladecase kommen fast schon unverschämte weitere 35 Stunden hinzu. Das reicht locker, um nach Corona einmal den Planeten zu umrunden.  

In Deutschland noch weitestgehend unbekannt ist der Sänger und Gitarrist Ayron Jones und das, obwohl er bereits im Vorprogramm von Guns`n`Roses auf der Bühne stand und mit Run D.M.C. und Public Enemy zusammenarbeitete. Aber das wird sich spätestens jetzt mit seinem 2. Album Child Of The State ändern, denn zumindest in den Radiosendern, die sich mit Rock beschäftigen, wird sein bisher bekanntester Titel Take Me Away rauf und wieder runtergespielt. Grund genug also, die Melomania 1+ mit deftiger Gitarre und einer unfassbaren Stimme zu konfrontieren. Also wird der Equalizer auf Rock umgeschaltet und nun können die In-Ears ihre Qualität beweisen. Und auch hier spielen die Kopfhörer perfekt mit. Denn neben der Gitarre in allen Tonlagen wird Ayron Jones auch vom Bass mitgetragen, der hier wunderbar mitspielt und den die Melomania einwandfrei mit graphenbeschichteten Treibern in der Größe 5,8 Millimeter, sowie den Codecs aptX und AAC darstellen.

Aber meine Playlists bestehen nicht nur aus aktuellen Songs, auch und gerade mit den großen Songs und Bands der 1970er Jahre werden hier regelmäßig die Nachbarn akustisch auf dem Laufenden gehalten. Und zu meinen Favoriten gehört dabei Creedence Clearwater Revival. Auch wenn die Aufnahmen auf Tidal nicht in bester Qualität vorliegen und die Kopfhörer in keiner Weise gefordert werden, so holen die Melomania 1+ das Beste aus den so alten Songs heraus. Jedes Instrument hat seine eigene Bühne und die raue Stimme von Sänger John Fogerty machen den ganz besonderen Charme dieser längst vergangenen Epoche aus. Einer der bekanntesten Songs ist wohl Bad Moon Rising, der durch den Film American Werewolf 1981 noch einmal bekannter wurde. Die Melomania 1+ holen mir den Film noch einmal vor das geistige Auge.

Aber die Melomania 1+ sind nicht nur zum Musikhören gemacht. Denn mit dem Handy verbunden nutzt man die In-Ears selbstverständlich auch zum Telefonieren. Die Qualität der eingehenden Gespräche ist hier perfekt, es knackt nichts und es gibt keine Aussetzer. Einzig mein Gegenüber empfand meine Stimme als etwas leise.


Fazit:

Bei aller großartigen Klang-Qualität und den Aktualisierungen gegenüber dem Modell von 2019 müssen sich die Melomania 1+ dennoch den Vergleich mit den hauseigenen Melomania Touch vom Januar 2021 gefallen lassen. Und trotz des hervorragenden Klangs schneiden die 1+ hier schon aufgrund des Formfaktors schlechter ab. Umso unverständlicher ist es mir, dass Cambridge Audio so kurz nach der Veröffentlichung der Touch die 1+ auf den Markt bringt – auch weil beide Modelle preislich nur ganze 10,-€ auseinanderliegen. Die neuen Melomania 1+ liegen bei 129,95€, die Touch bei 139,95€.

Und dennoch sind die Melomania 1+ ein klanglich einwandfreies Paar wireless In-Ears. Schon in der Werkseinstellung ohne Einsatz des Equalizers über die hervorragende App klingen die Kopfhörer, nutzt man den Equalizer, passt man sich den Sound perfekt den eigenen Hörgewohnheiten an. Die Bedienung ist simpel und geht nach wenigen Handgriffen in Fleisch und Blut über und das Gesamtpaket mit den beigefügten Aufsätzen aus Memory Schaum passt.


Link zum Hersteller: Cambridge Audio Melomania 1+