Hardwaretest: Cambridge Audio Melomania 1 – britische Knöpfe im Ohr

Seit über 50 Jahren tut sich die englische Edel-Schmiede Cambridge Audio mit erstklassigem HiFi hervor. Die Edge-Serie und die Streaming-Lautsprecher YOYO wurden letztes Jahr auf der High End in München bzw. kurz danach präsentiert, es folgten Anfang diesen Jahres der Plattenspieler Alva TT und auch die Einsteiger werden zukünftig mit der brandaktuellen AX Serie nicht vergessen. Mit dem SE1 hatte man aber bis heute genau einen kabelgebundenen In-Ear-Kopfhörer im Angebot. Das ändert sich jetzt mit dem Melomania 1.

Melomania (Melomanie – „Begeisterung für Musik“) ist der Name des Clubs für Live-Konzerte und Musik-Veranstaltungen im Erdgeschoss der Firmenzentrale in London. Was also lag da näher, die neueste Entwicklung aus dem Hause Cambridge Audio nach eben diesem Raum zu benennen? Der Melomania 1 ist der erste True-Wireless Bluetooth-Kopfhörer, an dem sich die Briten nun versuchen. Und wir haben den sogar schon vor dem offiziellen Marktstart zum Test hier.

Um auch im ersten kabellosen In-Ear-Kopfhörer die gewohnt hohe Qualität zu gewährleisten, wurden diese mit den neuesten Technologien für drahtlose Musikübertragung versehen. Mit Bluetooth 5.0, AAC und aptX ist der Melomania 1 perfekt ausgestattet. Bluetooth 5.0 erreicht eine Übertragungsweite von bis zu 30 Metern, so dass man auch in Haus und Garten hören kann, ohne das mobile Endgerät wie Handy oder Tablet ständig in der Nähe haben zu müssen.

Technisch hat Cambridge Audio die In-Ears mit 5,8 Millimetern Treibern mit besonders leichten und starren Membranen ausgestattet, die so für die bestmögliche Klangübertragung sorgen und zudem auch unglaublich leicht sind. Meine Waage schwankte hier zwischen 4 – 5 Gramm pro Stöpsel. Die In-Ears selbst sind keine 3 Zentimeter lang, das Case passt aufgrund seiner Größe sogar in die Hosentasche.

Als Akkulaufzeit gibt Cambridge Audio pro Ladung 9 Stunden an, über das mitgelieferte Case können die Melomania 1 bis zu 4x aufgeladen werden, was dann einer theoretischen Laufzeit von 45 Stunden entspricht. Den aktuellen Zustand des Akkus zeigt eine kleine Lichtleiste auf dem Case an. Damit man die In-Ears auch ohne Angst vor Beschädigungen bei Regen tragen kann, sind sie nach IPX5 zertifiziert und damit schweiß- und spritzwasserresistent.

In der mit Magnetverschluss versehenen Verpackung befinden sich die beiden Ohrstöpsel, das Ladecase inklusive USB-Kabel, drei verschiedene Aufsätze aus Silikon, sowie einer aus Memory-Schaum. Einzig die Bedienungsanleitung fällt dagegen komplett ab. Liebe Jungs und Mädels von Cambridge Audio:
Ich bin inzwischen aus dem Alter raus, in dem ich problemlos gedruckte Schriften in 2 Pixel Größe erkennen und lesen konnte. Und damit stehe ich nicht allein. Ist es wirklich so schwer, eine Anleitung mit lesbarer Schrift einem technisch so fortschrittlichen Kopfhörer beizulegen? So eine Anleitung vermiest mir tatsächlich die Vorfreude auf das Produkt.

Aber gut, egal ob ich quengele oder nicht, eingerichtet werden müssen die In-Ears. Und das ist wie bei modernen Bluetooth-Geräten eine Sache weniger Sekunden. Perfekt gelöst ist die Bedienung der kleinen Ohr-Stöpsel. Je nach Druck auf den rechten oder linken Knopf löst dies eine andere Funktion aus.

Einmaliger Druck auf den rechten In-Ear sorgt für Pause, ein zweimaliger Druck springt zum nächsten Titel. Umgekehrt sorgt der zweimalige Druck auf den linken Hörer für einen Rücksprung. Für mich wichtig ist eine integrierte Lautstärkeregelung. Auch die funktioniert perfekt. Langer Druck auf den rechten Stöpsel erhöht den Pegel gleichmäßig auf beiden In-Ears, der gleiche Druck auf den linken Hörer senkt die Lautstärke wieder ab. Für die zahlreichen Funktionen legt Cambridge Audio eine scheckkartengroße Pappkarte bei, auf der alle Funktionen erläutert sind – sehr vorbildlich! Allerdings habe ich keine Funktion gefunden, die die Ohrstöpsel abschaltet. Offenbar müssen die nach Gebrauch zurück in ihr dunkles Case?

Selbst telefonieren ist mit den Melomania 1 möglich. Versehen mit MEMS-Mikrofonen und der Clear Voice Capture Noise-Cancelling-Technologie von Qualcomm soll jedes Telefonat in beiden Richtungen klar und verständlich sein. Leider stimmt das nicht ganz, denn während auf den In-Ears das Gespräch einwandfrei verstanden wird, kommt bei den Gesprächspartnern auch nach einigen Versuchen in unterschiedliche Netze und auf verschiedene Smartphones leider nicht alles an. Die häufigste Aussage ist, dass die Stimme unterbrochen wird, ähnlich eines Funklochs.

Aber ich persönlich telefoniere ohnehin äußerst ungern über Kopfhörer oder In-Ears, der Klang bei Musik ist da viel relevanter. Und hier punkten die Melomania 1 auf ganzer Linie. Ich hatte schon die Soundbar TVB2 (V2) und den Lautsprecher YOYO (L) zum Test hier, konnte auf der High End die Edge Serie genießen und letztens auf den Norddeutschen HiFi-Tagen auch den Alva TT. Jedes Mal war ich von der Klangqualität eines jeden Gerätes begeistert.

Die Melomania 1 spielen so auf, wie man sich das von Cambridge Audio wünscht – nichts hinzufügen, nichts weglassen, eben der Great British Sound. Momentan läuft hier (wieder einmal) der Nu Metal rauf und runter und den zeichnet harte, handgespielte Musik mit dominierenden Gitarren und den markanten Stimmen der jeweiligen Interpreten aus. Und jede Playlist eines jeden Streaming-Anbieters startet offenbar mit Last Resort von Papa Roach. Der Stereo-Effekt von Gitarre und Bass ist wirklich einwandfrei, beide Instrumente sind – sofern man das bei E-Gitarren so sehen möchte – sehr sauber zu unterscheiden und die Gitarre spielt selbst in den Höhen so gut auf, dass es kein Klirren gibt.

Einen extremen Screaming-Faktor hat der Song Die MF Die von Dope. Hier ist es die Stimme von Edsel Dope, der den Song von Anfang bis Ende trägt und ihm den unverwechselbaren Charakter des Nu Metal verleiht. Und auch in diesem Stück treiben die Gitarren an, unterstützt vom knallhart aufspielenden Schlagzeug. Was aus den kleinen Melomania 1 kommt, verblüfft dann doch, denn irgendwie traut man den In-Ears eine solche Klarheit und Leistung einfach nicht zu.

Aber auch Singer/Songwriter wie Radical Face sind auf den kleinen Melomania 1 ein wirklicher Genuss. Im Song Dead Ends vom aktuellen Album Alternate Reality spielt Ben Cooper so auf, wie man sich das von ihm wünscht. Nur er und seine Western Gitarre, kurzfristig begleitet von einer Violine, vermittelt er eine solche Emotionalität, dass es kalt den Rücken runterläuft. Hier schaffen es die kleinen Ohrstecker genau dieses Gefühl klar und ohne eigenes Zutun in die Ohren des Zuhörers zu bringen.

 

Fazit:

Die Melomania 1 überraschen mich einerseits, denn so viel Tiefe und Lebendigkeit hatte ich nicht erwartet. Andererseits überraschen die mich aber auch wieder nicht, weil ich eben schon einiges an HiFi von Cambridge Audio hören konnte. Meine Erwartungshaltung war also dementsprechend hoch, aber die wurde auch nicht enttäuscht.

Die kleinen In-Ears stecken voller Technik und sind in der Handhabung sehr gut durchdacht. Nach wenigen Minuten bedient man diese, ohne über Funktionen nachdenken zu müssen. Wenn man etwas kritisieren möchte, dann dass die Farbe Stone wirklich Geschmackssache ist und dass Telefonate nicht problemlos geführt werden können. Ob das wichtig ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Für Ästheten gibt es optional noch bunte Cases.

Wer True-Wireless In-Ears mag und keine Angst hat, die doch aus den Ohren zu verlieren, macht mit den Melomania 1 aus klanglicher Sicht alles richtig.

 

 

Link  zur Herstellerseite: Cambridge Audio MELOMANIA 1

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