Hardwaretest: Cambridge Audio AXR100D + SX-80 – wie die Faust aufs Auge

Der englischen HiFi-Schmiede Cambridge Audio haftet durch die überragende Edge-Serie der Ruf des Edlen, aber auch des fast Unbezahlbaren an. Zu großartig sind die entsprechenden Produkte aber auch. Und dennoch gibt es auch bei den Briten HiFi für den kleineren Geldbeutel. So konnten wir bereits aus der CX-Serie den CXA61 und den CXN (V2) testen, wir hatten den AXC35 und den AXA35 hier und auch der Vinyl-Player Alva TT drehte hier bereits seine Runden. Dazu kommen die herrlichen Melomania In-Ears. Wir haben also schon einiges an Erfahrung mit Cambridge Audio sammeln können und freuen uns nun mit dem AXR100D und den XS-80 auf ein Set, das zusammengehört wie Tim & Struppi, Adam & Eva, Asterix & Obelix …

Cambridge Audio AXR100D

Der Cambridge Audio AXR100D läuft als Teil der AX-Serie zwar unter Einsteiger, ist aber preislich eigentlich genau zwischen AX- und CX-Serie angesiedelt. Mit seinen momentan aufgerufenen 599€ liegt er über dem AXA35 und unter dem CXA81 oder CXA61. Wie schon bei allen anderen Geräten erkennt man auch beim AXR100D sofort dessen Herkunft. Es ist das bekannte und schlichte Cambridge Audio Design, das sofort anspricht. Ein silbernes Gehäuse, dazu übersichtlich angeordnete Knöpfe, ein Kopfhörer-Anschluss und ein Punkt-Matrix-Display bieten alles, was sich der Cambridge- oder HiFi-Fan wünscht. Hier gibt es keinen überflüssigen technischen Schnick-Schnack wie Sensor-Tasten, zahlreiche Regler, Sprachassistenten oder einer App für die Bedienung, alles wirkt bereits bekannt, fast schon nostalgisch. Wer kein Freund der direkten Bedienung am Gerät ist, nimmt die Fernbedienung zur Hand, die allerdings ein wenig überladen wirkt und mit ihrem Kunststoff-Look das Gesamtbild trübt.

So puristisch wie das Design ist auch die Ausstattung des AXR100D. Wer hier nach Streaming-Diensten oder HDMI-Eingängen für diverse Zuspieler sucht, wird nicht fündig. Der Receiver ist ein Modell klassischer Schule, einzig das DAB-Modul für den digitalen Radio-Empfang – daher das D in der Namensgebung – und Bluetooth sind Zugeständnisse an moderne Zeiten. Denn noch immer sind viele Menschen Anhänger des traditionellen, einfachen Radios, auch wenn das hier auf Wunsch digital daherkommt. Morgens zwischen Bad und Kaffee braucht man eben keine Experimente, sondern nur Musik und Information auf Knopfdruck.

Die Auswahl an Anschlüssen ist also dementsprechend übersichtlich. Neben drei analogen Eingängen, zwei optischen – und einem koaxialen Digital-Eingang findet der Vinyl-Fan aber einen Phono-Eingang für entsprechende Plattendreher ohne eigenen Vorverstärker. Wer über den AXR100D trotz fehlendem HDMI den Ton seines TV abgreifen möchte, tut dies über einen der optischen Eingänge, über die jeder TV selbst älteren Jahrgangs verfügt. Wer mit der Bassausgabe seiner Boxen nicht glücklich ist, findet einen zusätzlichen Ausgang für einen externen Subwoofer. Nutzt man weder Streamer, CD-Player oder Plattenspieler, führt man dem Receiver den Klang per Bluetooth vom Smartphone oder Tablet zu. Lautsprecher werden per Schraubklemme mit dem Receiver verbunden. Und hier wartet eine Überraschung, denn bei allem Minimalismus spendiert Cambridge Audio dem AXR100D eine zweite Zone für ein weiteres Paar Schallwandler.

Der Aufbau und die Einrichtung des Cambridge Audio AXR100D gestaltet sich also dementsprechend simpel. Man muss kein HiFi-Profi sein, keine IT-Ausbildung haben, sich nicht regelmäßig fortbilden, um mit den zahlreichen Begrifflichkeiten oder Funktionen aktueller Geräte vertraut zu sein – hier geht es um Einfachheit: aufbauen, anschließen, hören. Und das ist zwischen den zahlreichen Testbeiträgen hochmoderner Receiver einfach nur ein entspanntes und wohltuendes Gefühl, weil es eben nur um Musik geht.

Für die ersten Klänge habe ich dann auch meine Magnat Quantum Edelstein angeschlossen, bevor ich den AXR100D und die SX-80 zusammenführte. Ich wollte den mir bekannten Klang eines Paares meiner eigenen Speaker hören, um kein verfälschtes Bild vom gesamten System zu bekommen. Die Bedienung des AXR100D ist dann ebenso einfach, wie sich das gesamte System bisher darstellt. Das Smartphone und der Receiver werden für die ersten Töne per Bluetooth miteinander verbunden. Wie üblich dauert dieser Vorgang nur wenige Sekunden.

Da der Receiver ohne zusätzlichen Subwoofer betrieben wird und mir die Bässe tatsächlich ein wenig zu dürftig erscheinen, genügt ein Druck auf den Menü-Button, um dort in den Toneinstellungen ein wenig nachzujustieren. Mit dem Lautstärke-Regler wird das entsprechende Menü gewählt, ein Druck auf denselben wählt den entsprechenden Punkt aus. Bei den Bässen und Höhen ist eine Abstufung in jeweils zwei Schritten bis zu +/- 10dB möglich. Ich stelle mir hier +4dB ein und bin jetzt glücklich. Wenn man bis jetzt tatsächlich etwas kritisieren möchte, dann ist es der eher preiswert anmutende Drehregler – das ist schade, zumal wenn man weiß, dass der Regler des Edge aus über 30 Einzelteilen besteht. Aber gut, das ist auch eine andere Preisklasse.

Die ersten Töne erfüllen dann auch umgehend meine hohe Erwartungshaltung. Von Anfang an wird klar, dass der AXR100D mit seinen 100 Watt Ausgangsleistung Wert auf Präzision bei realistischer Wiedergabe legt. Hier wird nichts geschönt, alles ist stimmig. Der Cambridge Audio Leitspruch „Great British Sound“ ist fest in den Genen des Receivers verankert. Weil eine meiner Lieblingsbands in den zahlreichen Tests, in denen Klang eine Rolle spielt, bisher fast vollkommen vernachlässigt wurde, starte ich meinen offiziellen Hörtest dann auch mit I Will Wait von Mumford and Sons, zugespielt von meinem Cambridge Audio CXN (V2). Dieser Song zeichnet sich vornehmlich durch ein in hiesigen Breitengraden kaum gespieltes Instrument aus – dem Banjo.  Aber gerade diese Besonderheit arbeitet der AXR100D in den entsprechenden Passagen hörbar heraus. Und dennoch sind auch alle anderen Instrumente klar und deutlich zu vernehmen. Auch bei der leicht rauchigen Live-Stimme von Marcus Mumford spielt der kleine Verstärker einwandfrei mit.

Weiter geht es mit harten und handgespielten Sounds. Und dabei hatte ich mal wieder die totale Lust auf einen der Größten der Branche. Das Album Under Cöver von Motörhead ist zwar „nur“ eine Ansammlung gecoverter Songs, aber Lemmy und Band haben sich dabei auch einige der größten Stücke aller Zeiten getraut. Ich war nie ausgewiesener David Bowie Fan, aber der Song Heroes ist ein Meilenstein der Musik-Historie. Mit diesem Titel, nun gespielt von Motörhead, muss sich der AXR100D jetzt auseinandersetzen. Und auch hier geht er nicht in die Knie. Im Gegenteil, auch bei hohen Pegeln, die aber sicher schon über der Schmerzgrenze meiner Nachbarn liegen, gibt sich der Receiver keine Blöße. Gerade der Bass, der ja von Lemmy als zentrales Element der Band gespielt wurde, kommt hier mit aller nötigen Dynamik. Auch wenn das Quellmaterial hier „nur“ von Spotify stammt, so ist die Qualität der Wiedergabe über jeden Zweifel erhaben.

Cambridge Audio SX-80

Nach den ersten Sound-Eindrücken des AXR100D ist es also an der Zeit zusammenzuführen, was zusammengehört, jetzt kommen die Cambridge Audio SX-80 Standlautsprecher ins Spiel. Diese sind nicht neu im Sortiment der Briten, neu allerdings ist das mattschwarze Finish, das zusammen mit den klaren Linien und ohne jegliche Spielereien im Design sofort anspricht. Das Wichtigste bei einem Lautsprecher ist aber nicht das sichtbare Äußere, sondern sein Innenleben und damit eine Konstruktion, die unerwünschte Vibrationen von vornherein minimiert. Cambridge Audio verwendet daher ein verstärktes, an den wichtigsten Stellen gestütztes MDF-Gehäuse, welches damit leicht ist, aber den Klang an die verschiedenen Treiber und nicht in das Gehäuse abgibt.

Beide Tief-Mitteltöner werden mit einem Durchmesser von 165 Millimetern aus behandelten Papiermembranen gefertigt. Was sich jetzt nicht unbedingt hochwertig oder gar nach Spitzen-HiFi anhört, klingt aber in der Realität herrlich kraftvoll und ausgewogen. Man darf nicht außer Acht lassen, dass hier das Paar SX-80 für nur knapp 500€ den Besitzer wechselt. Dazu kommt der Kalottenhochtöner, dieser basiert auf einem Seiden-Dome bei einem Durchmesser von 25 Millimetern.

Allein die Anordnung der Treiber unterscheidet sich von sonstigen Standards. Einen mittig angeordneten Hochtöner sieht man recht selten. Ohne die Abdeckung aus Stoff, die tatsächlich nur den oberen Teil des Lautsprechers und damit nur die Treiber abdeckt, wirkt die SX-80 schon optisch ganz anders als die üblichen Verdächtigen. Die Schraubklemmen zum Anschluss der Kabel sind vergoldet und beugen damit der Oxydation der Kabelenden vor. Zusätzlich liefert Cambridge Audio Spikes für jeden der Speaker, somit erfolgt auf vibrationsfreudigen Böden wie Holz eine saubere Entkopplung, die nicht beabsichtige Resonanz verhindert.

Zum Klangtest mussten natürlich zuerst die gleichen Stücke laufen, die ich bereits vorher mit anderen Lautsprechern gehört hatte. Und in Verbindung mit AXR100D spielen die SX-80 so neutral auf, wie ich das mag und sonst von meinen Yamaha Soavo kenne. Da wird nichts weichgespült, nichts schöngespielt, alles klingt nüchtern und präzise. Um auch hier wieder auf Mumford and Sons zurückzukommen:
Jedes der zahlreichen Instrumente ist klar umrissen, jede der Gitarren ist perfekt auszumachen, der zurückhaltende Kontrabass unterstreicht so viele Passagen subtil, ohne sich in den Vordergrund zu drängen und das Schlagzeug erklingt punktgenau und wuchtig. Dazu kommt die Gesangsstimme, die fast schon greifbar im Raum steht. Erst wenn der Lautstärkeregler die Pegel in ungeahnte Höhen treibt, lassen diese Details ein wenig nach. Aber wann kann man schon einmal zu Hause ungestört Musik in Konzert-Lautstärke hören?

So spielt sich das Set über Wochen durch meine zahlreichen Playlists von Hard`n`Heavy bis zu Singer/Songwriter-Stücken und ja, für mich als Cello-Fan auch gelegentlich einmal durch klassische Orchester. Und ich stelle wieder einmal fest, dass gute Musik bewusst oder unbewusst wahrgenommen den Planeten am Laufen hält. Egal, ob man das System morgens nur für die schnelle Info-Zuführung als Radio nutzt oder man sich abends statt den TV anzuschalten, ausgiebig die Zeit für ein neues oder bereits hunderte Male gehörtes Album nimmt, der AXR100D und die SX-80 sind ein cooles HiFi-Team. Aber auch Heimkino-Fans kommen mit den zahlreichen Lautsprechern der SX-Serie auf ihre Kosten. Denn die Auswahl ist nicht nur auf die SX-80 beschränkt, die Serie umfasst mit den SX-50,60,70 und 120 auch Regal- und Stativlautsprecher, einen Center-Speaker und einen Subwoofer.

Fazit:

So gerne ich mich für einen Test an hochkomplizierte Receiver setze, um auch die letzte Funktion der verbauten Technik zu erkunden, so sehr habe ich den Cambridge Audio AXR100D und die SX-80 genossen. HiFi kann auch in heutigen hochmodernen und digitalisierten Zeiten noch so herrlich unkompliziert sein. Auspacken, anschließen und hören ist innerhalb weniger Minuten erledigt, ohne sich groß mit zahlreichen Funktionen auseinandersetzen zu müssen. Wer dem AXR100D die Musik nicht nur über Radio oder Bluetooth zuspielen möchte, findet trotzdem genug Anschlussmöglichkeiten für analoge und digitale Zuspieler und auch einen Plattenspieler.

Dazu kommen mit den SX-80 ein paar schlichte, aber damit optisch so schicke Standlautsprecher, die nicht nur gut aussehen, sondern für diese Preisklasse dann auch einwandfrei klingen. Hier werden keine Zugeständnisse beim Klang gemacht, Cambridge Audio holt aus diesen Schallwandlern das Machbare an Möglichkeiten. Heraus kommt dabei der typische Great British Sound, neutral und ohne etwas schönzuspielen.

Wer neu oder wieder in den gigantischen HiFi-Markt einsteigt, sich aber unsicher ist, ob teurer gleich besser ist, wer vor komplizierter Technik zurückschreckt und obendrein kein Vermögen ausgeben mag oder kann, der sollte sich die Kombination aus AXR100D und SX-80 unbedingt anhören. Noch preiswerter kommt man selten an so guten HiFi-Sound.


Link zum Hersteller: Cambridge Audio AXR100D + SX-80