Ein Sommer voller Live-Musik …

So sehr ich meine Schallplatten liebe, so gerne ich auch Spotify oder Apple Music bemühe, ein Live Konzert ist immer ein Erlebnis. Und so waren wir in den letzten Wochen auf vier Veranstaltungen, wobei gerade die KISS – End oft the Road Tour für mich etwas ganz Besonderes war. Die LP Dynasty gehörte zu meinen ersten Scheiben überhaupt, der Song I was made for loving you ist – auch wenn KISS selber diesen bis heute nicht mögen – immer eine Kindheitserinnerung an die erste eigene Stereo-Anlage und den Beginn meiner Leidenschaft zur Musik.

Der Musik-Sommer startete Anfang Mai mit Disturbed in der neuen Verti Music Hall in Berlin. Direkt gegenüber der Mercedes Benz Arena wurde im letzten Jahr das neue kleine Schmuckstück eröffnet und wir waren das erste Mal dort. Und auch Disturbed hatte ich bis dato noch nie live auf dem Schirm – also gleich zwei Premieren auf einen Streich. Nun ist die Verti Music Hall – wie es der Name offeriert – für Musik und Konzerte errichtet und ausgestattet. Umso erstaunlicher war es, dass die Opener Evolution und Are you ready mit einem fast schon brutalen Überangebot an Bässen aufwarteten. Träger von Herzschrittmachern hatten hier mit Sicherheit Probleme.

Und auch sonst kam Sänger David Draiman nur schwer in die Gänge. Töne wurden nicht getroffen und alles wirkte irgendwie ohne viel Emotion. Auch wenn die Band lieber in der großen Mercedes Benz Arena gespielt hätte, so wäre ein wenig mehr Leidenschaft bei diesen Eintrittspreisen nett gewesen. Aber im Laufe des Abends schien man sich zusammenzureißen und spätestens bei Sound of Silence und Draimans menschlicher Botschaft zu Depressionen und Sucht war das Publikum da. Unter dem Strich steht ein Auftritt mit Luft nach oben, mal schauen, ob ich mir Disturbed beim nächsten Auftritt in Berlin noch einmal gönne?

Eine Woche später ging es zu Mumford & Sons in die komplett ausverkaufte Mercedes-Benz-Arena in Berlin. Marcus Mumford, Ted Dwane, Winston Marshall und Ben Lovett hatten sich diesmal etwas Besonderes ausgedacht, denn statt die Bühne wie üblich am Kopf der Arena zu platzieren, steht diese mitten im Innenraum. Eine wirklich coole Idee, man hat als Zuschauer wirklich das Gefühl von mittendrin, statt nur dabei. Auch wenn das vierte Album Delta von vielen vorab als ideenlos heruntergemacht wurde, schafft es die Band schon mit dem ersten Ton alle 17.000 Besucher mitzunehmen. Wer bei Little Lion Man nicht textsicher ist, kann zumindest den Refrain „I really fucked it up this time – Didn`t I, my dear“ mitgröhlen – Gänsehaut.

Aber nicht nur hier ist das Publikum dabei, egal ob Wild Heart, Forever oder I Will Wait, die Halle tanzt und feiert und den Jungs auf der Bühne ist das Grinsen ins Gesicht gemeißelt. Profi hin oder her, ich denke für solche Momente macht man Live-Musik. Und apropos Profi: Die Einlage von Marcus Mumford sich zum Song Ditmas ins Publikum zu begeben, sich dann durch dieses einen Weg zum Rang zu bahnen, diesen andere Seite wieder herunterzurennen und wieder auf die Bühne zu klettern, dabei die ganze Zeit singend und das scheinbar ohne jede Atemnot, nötigt Respekt ab. Wer also die Chance hat, Mumford & Sons einmal live zu erleben, sollte diese unbedingt nutzen.

Ich habe Tränen in den Augen, als Drummer Eric Singer das Schlagzeug mit dem Piano tauscht und mit der Ballade Beth das Publikum in der Waldbühne zum Staunen bringt. Es ist dieser Moment der mir klar macht, dass hier eine Ära zu Ende geht – es ist tatsächlich die KISS-Abschiedstour. Aber bis dahin haben mich Gene Simmons, Paul Stanley, Thommy Thayer und Eric Singer fest in den Fingern. Die Band hat mich durch meine Jugend begleitet, war mir mal mehr, mal weniger präsent, aber sie war nie weg – bis jetzt. Ein Abschied für immer, wenn man Gene Simmons glauben darf, der vor wenigen Monaten sagte, er wäre zu alt, ein 40 Pfund schweres Kostüm zu tragen.

Doch bis dahin spulen die alten Herren noch einmal ein Feuerwerk ab, alle Hits wie Detroit Rock City, Shout it out loud oder Rock`n`Roll all Nite werden gespielt. Dazu kommt Gene Simmons geniales Solo bei God of Thunder, bei dem der Bass allein schon ein Ereignis ist. Aber Gene wäre nicht Gene, würde er hier nicht mit (Kunst-)Blut im Gesicht für seinen in jedem Live-Konzert erwarteten Solo-Auftritt sorgen. Der Mann ist 70 und spuckt Blut …

Aber jeder bekommt seinen persönlichen Auftritt und sein eigenes Solo, wobei natürlich Paul Stanleys Flug über das Publikum auf ein Podest das Highlight des Abends ist. Dort singt er Love Gun und überlässt es dem Publikum den größten Hit der Band I was made for loving you selbst zu singen. Ich würde gerne sagen, dass ich beim nächsten Live-Auftritt der Band wieder dabei bin, aber das wird wohl nicht passieren – End oft he Road heißt wohl endgültig, dass das Ende erreicht ist?

Die jährliche Dosis In Extremo holten wir uns diesmal in Oranienburg vor dem Schloss ab – einmal Heimspiel, statt nach Meißen, Merseburg, Wittenberg oder Bremen zu fahren. Seit über 20 Jahren ist die erfolgreichste Mittelalter-Band zusammen und in diesem Jahr feiert die traditionelle Burgentour ihr 10jähriges Jubiläum. Und nun schon zum dritten Male gönnen wir uns die Quid Pro Quo Tour, das Album ist bereits 2016 erschienen. Aber das heißt eben nicht, dass die Jungs die gesamte Setlist ständig wiederholen, jedes Konzert hat die vom Publikum erwarteten Hits. Und das sind zum Glück nicht nur aktuelle Titel, denn wer über 20 Jahre Bühnenerfahrung hat und 12 Alben veröffentlicht hat, verfügt auch über ein ausreichendes Repertoire, einen Abend auf der Bühne gut zu füllen.

Von Sängerkrieg über Quid Pro Quo und Moonshiner bis hin zu den Merseburger Zaubersprüchen spulte die Band wieder ein reichhaltiges Programm ab, bei dem Sänger Michael Rhein zwar der Kopf und Sänger ist, aber eben die mittelalterlichen Instrumente einen jeden Auftritt zu etwas Außergewöhnlichem machen. Besonderes Highlight war der Song Spielmannszug. Micha Rhein gab an, den Text vergessen zu haben und fragte im Publikum nach, ob jemand Lust hat, den Song auf der Bühne zu singen? Recht schnell war jemand gefunden, der so gut war, dass dem das Mikrofon ab der 2. Strophe komplett übergeben wurde. Ein gewagtes Experiment, aber offenbar hat man hier ein Talent gefunden – sehr cooler Auftritt, der mit Getränken hinter der Bühne belohnt wurde.

Innerhalb kürzester Zeit hat sich der Song Sternhagelvoll vom letzten Album zur Hymne gemausert. Kein Mensch im Publikum, der hier den Text nicht kannte. Schade nur, dass aufgrund der Masse an Titeln diesmal Belladonna und Sieben Köche auf der Strecke blieben. Übernächstes Jahr feiert die Band 25jähriges Jubiläum und nach den 20 wahren Jahren auf der Loreley freue ich mich jetzt schon riesig auf dieses Event. Ist ja nur noch ein Konzert dazwischen …