DiRT Showdown

Eigentlich müsste ich für diesen Titel eine eigene Rubrik erstellen, denn abgelegt ist der Bericht unter „durchgespielt“. Aber das wird mir erneut mit einem DiRT Titel nicht gelingen. Zu schlecht sind die allesamt schon bekannten Modi aus anderen Spielen kopiert, zu wenig Eigenständigkeit strahlt der Titel aus.

Alles war schon einmal da und wurde mit zu viel grafischen Brimborium zu einem „neuen“ Titel zusammen geschustert. Und warum ich dieses Spiel schon wieder im Regal zu stehen habe, obwohl ich mich mit DiRT 2 und 3 schon mehr oder weniger herum geärgert habe, frage ich mich mit jeder weiteren Spielminute …

DiRT startete unter dem Titel Colin McRae Rally im Jahre 1998 einen fast schon unvergleichlichen Siegeszug in Sachen realistischer Rally-Spiele, da kam auch die WRC-Serie von Sony nicht hinterher. Mit dem neuem Zusatz DiRT im Titel gelang 2007 der Sprung auf die Next-Gen-Konsolen. Ellenlange Strecken, ein Fuhrpark vom Feinsten, Hill-Climbing Wettbewerbe und realistisches Fahrverhalten waren für Fans von Motorsport Action fernab von Asphalt die feuchte Erfüllung aller Rally-Träume. Aber nach diesem Titel nahm die Serie einen Chicken Way, einen einfachen Abzweig, um auch Otto-Normal-Spieler – neudeutsch: Casual Gamer – an Rally Boliden heran zu führen. Denn aus dem einstmals großartigen Rallysport wurde eine lächerlich anmutende Arcade-Bolzerei, die nun ihren vorläufigen Tiefpunkt in DiRT Showdown findet.

Die älteren unter uns Spielern werden sich noch an den grandiosen Einstiegstitel der Playstation One erinnern: Destruction Derby! Hier ging es darum, die Karre seines Gegners zu schreddern, dafür möglichst viele Punkte zu erhalten und so manches Mal die traurigen Überreste seines Fahrzeuges mit gefühlter Schrittgeschwindigkeit, qualmenden Kühler und heftigstem Linksdrall als letzter Überlebender über die noch so unendlich weit entfernte Ziellinie zu bewegen. Dazu gab es neben etlichen Rundkursen auch zwei sensationelle Kurse, in denen Kreuzungen eingebaut waren. Hier war das Chaos vorprogrammiert und nach wenigen Runden glich eine Kreuzung einem Schrottplatz aus qualmenden Wracks. Dazu gab es runde Arenen, in denen gewann, wessen Auto sich am Ende noch bewegte. In diese – viel zu großen Fußstapfen – will nun offensichtlich DiRT Showdown schlüpfen … und das misslingt, wenn es denn das Ziel der Entwickler war, sich auch nur rudimentär an Destruction Derby zu orientieren. Aber der Vergleich ist eigentlich unfair, denn auch heute noch spiele ich immer noch Destruction Derby und da kommt kaum etwas heran 😉

Dabei macht das DiRT Showdown einiges richtig, wenn man denn vollkommen unbedarft an den Titel geht und man weder Destruction Derby, noch die vorherigen DiRT-Teile als Maßstab für einen Beitrag zugrunde legt. Denn an Vielfalt und grafischen Bonbons mangelt es nicht, auch wenn vieles davon schmückendes, knallendes Bei- bzw. Blendwerk ist. Rennen, Crash-Derbys und der leider aus DiRT 3 übernommene Gymkhana Modus, der hier Hoonigan heißt, sorgen für ein mittelmäßig umfangreiches Spiel bei gleichbleibend flacher Spaßkurve.

„Wieso leider?“, werden jetzt diejenigen unter euch fragen, die den Gymkhana Modus in DiRT 3 bis zum Erbrechen gezockt haben. Ganz einfach, ich persönlich mag weder Ken Block, der zwar über immense Technik in der Fahrzeugbeherrschung verfügt, aber immer ein zweit- bis drittklassiger Rallyefahrer bleiben wird,  noch konnte ich dem Kreiseln um einen Bagger oder sonstige Hindernisse etwas abgewinnen. Und was noch ärgerlicher ist: Offensichtlich hat sich Codemasters nicht genug Zeit für den aktuellen Titel genommen, denn unter anderem Battersea wurde eins zu eins aus dem letzten Teil übernommen.

Das hauptsächliche Augenmerk wurde aber auf die verschiedenen Rennen und Crashorgien gelegt und hier weiß Showdown dann endlich – wenn auch mit reichlichen Abstrichen – ein wenig zu motivieren. So gibt es Arenen, in denen gerammt wird, bis … nein, nicht bis der letzte übrig bleibt, sondern bis die Zeit abgelaufen ist, denn zerlegt ihr einen Gegner in ein unfahrbaren Wrack, gibt es einen Respawn. Wie von Geisterhand ist der nämlich wieder am Rennen beteiligt. Entschuldigung, aber was soll denn dieser Schwachsinn? Wir sind doch hier nicht im Multiplayer eines x-beliebigen Ego-Shooters. Ein wenig lustig ist hierbei einzig die Variante Hard Target, in der ihr versuchen müsst, euren Gegnern so lang als möglich auszuweichen. Denn alles was vier Räder hat, macht Jagd auf euch. So heißt es, immer in Bewegung bleiben, denn in Ermangelung von Rundumsicht sieht man nicht, was von wo auf einen zukommt. Und erschwerend kommt hinzu: Schäden machen sich nur optisch bemerkbar, an der arcadigen Fahrphysik ändert sich nichts.

Bei den Rennen sorgt Codemasters für zahlreiche Modi, die allesamt ihren eigenen Reiz haben. Damit es aber nicht nur klassische Standardrennen mit einigen unnötigen Rampen gibt, wurden auch einige Kurse mit Kreuzungen versehen … und da soll man nicht den Zusammenhang zu Destruction Derby herstellen? Und ganz nebenbei haben die Entwickler hier ganz offensichtlich in die Racedriver GRID (Recycling)Programmierkiste gegriffen, denn selten ging eine KI mit solcher Brachialgewalt ans Werk, wie in den Rennen. Es knallt an allen Ecken und Enden und wer auf einer Kreuzung kollidiert, verliert unweigerlich Plätze und wird nach hinten durchgereicht. Aber hey, wofür gibt es denn die Gummiband-KI? Knapp eine Runde später seid ihr, wenn auch vielleicht nicht wieder in Führung, aber zumindest der Spitzenposition ganz nahe. Allerdings funktioniert dies auch anders herum, denn ein Davonfahren ist auch bei DiRT Showdown nicht möglich.

Neben den normalen Rennen gibt es Domination, in denen einzelne Abschnitte dominiert werden müssen, um zu gewinnen und das altbekannte Elimination, in dem der letzte eines Abschnitts ausscheidet. Witzig gemacht hierbei: Wer ausscheidet, bleibt als qualmendes Wrack auf der Strecke liegen und dient als zusätzliches Hindernis.

Der Aufbau der Karriere ist Codemasters typisch. Event für Event schaltet sich frei und man sucht sich eine von meist zwei Möglichkeiten aus. Hat man seinen Event gewählt, geht es an die Fahrzeugwahl und hier gibt es eine herbe Enttäuschung, denn bis auf wenige Ausnahmen für den Gymkhana-Hoonigan Modus stehen keine originalen Fahrzeuge bereit. Alles sind zwar gut gemachte, aber eben doch nur Fantasiewagen. Da helfen auch der Mini oder Fiesta nichts.

„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin“ schrieb einst schon Heinrich Heine in seinem Loreley-Lied. Und ich weiß nicht, was DiRT Showdown bedeuten soll, allerdings bin ich nicht traurig, sondern ziemlich sauer. Welche Richtung nimmt denn nun die DiRT-Serie? Will Codemasters weg vom Rally-Sport und hin zu einer eigenen Arcade-Reihe? Wird es eine neue Rally-Serie geben, vielleicht sogar mit dem scheinbar unbesiegbaren Dauerweltmeister Sebastien Loeb als Zugpferd? Kann sich Codemasters eine solche Lizenz überhaupt leisten?

Betrachte ich DiRT Showdown als komplett eigenständiges Spiel, ohne Vergleiche mit seinen Vorgängern oder ähnlich gelagerten Spielen heran zu ziehen, steht hier ein mittelmäßiger Arcadetitel, nicht mehr und nicht weniger. Showdown bietet eine gute Grafik, ohne in Sachen Schadensmodell an Burnout heran zu reichen, da helfen auch keine nervigen Pyro-Effekte. Die Rennen gab es alle schon einmal in der einen oder anderen Art und mit welcher Berechtigung ein unveränderter Gymkhana/Hoonigan-Modus als Recycling wieder in einen Vollpreis-Titel übernommen wurde, weiß nur Codemasters allein. Wenn ich fast 60 Euronen für ein Spiel ausgebe, erwarte ich einfach ein gewisses Maß an Eigenständigkeit und kein Level- oder Streckenrecycling.

Ich weiß, dass ich mir schon bei Teil 2 und 3 vorgenommen habe, zukünftig einen Bogen um alles zu machen, auf dem der Schriftzug DiRT prangt. Warum ich es auch dieses Mal wieder nicht geschafft habe, bleibt mir ein Rätsel, liegt aber wahrscheinlich tatsächlich an der momentan nicht vorhandenen Vielfalt in Sachen Rennspiele. Jede Strecke auf diesem Planeten war schon einmal Bestandteil eines Spiels und jedes Fahrzeug ist zumindest für Gran Turismo lizensiert. Ich grusele mich vor dem, was in Sachen Rennspiele in den kommenden Jahren auf mich zukommt. Viel Neues kann das nicht werden, das hat Codemasters mit diesem Titel eindeutig unter Beweis gestellt.