Wer über Gaming schreibt, sollte sich im Gaming auskennen

Es war einmal vor langer, langer Zeit,da kaufte sich mein Onkel seine erste Pong-Konsole. Es gibt einige Momente oder Ereignisse im Leben, die einen Menschen prägen oder ihnen schlicht eine neue Welt eröffnen. Für mich war es dieser Moment, als ich das erste Mal dieses kleine Dreh-Paddle in der Hand hielt und sich ein Pixel-Ball über den Bildschirm bewegte. Seit diesem Augenblick bin ich Videospieler, Gamer, Zocker – was immer für ein Begriff ein Hobby beschreibt, welches bis heute Teil meines Lebens ist!

Selbstverständlich stand auch bei uns bald darauf die erste Pong-Konsole zu Hause. Dieser folgte mein Atari VCS, welches bis heute fehlerfrei funktioniert. Unvergessen die Abende, in denen ich mit meinen Freunden in Missile Command Städte vor außerirdischen Laserstrahlen rettete oder bei Space Invaders verhinderte, dass Invasoren aus dem All auf der Erde landen. In Frogger versuchte ich meinen Frosch lebendig über eine Straße und einen Fluss zu bringen und in Asteroids hatte nur der eine Chance, wer auch den Schub seines kleinen Raumschiffes beherrschte – ich kann das bis heute das nicht.

Es ging weiter mit dem Sega Master System und dem NES. Wonder Boy in Monster Land spiele ich bis heute mit geschlossenen Augen, während ich bei Alex Kidd in Miracle World noch immer kläglich versage. Auch wenn Mario zum Superstar werden sollte, zog ich das Master System dem NES immer vor. So kommt es vermutlich, dass ich bis heute die vielleicht größte und seltenste Sammlung an Sega Master System Spielen im deutschsprachigen Raum besitze. Raritäten wie das niemals offiziell erschienene les Schtroumpfs Autour Du Monde, von dem weltweit keine 20 Module existieren, den unveröffentlichten Prototypen von Hook, Championship Hockey, das EA sogar noch vor der legendären NHL-Reihe entwickelte und unter US Gold Label veröffentlichte, sowie Buggy Run und Masters of Combat sind heute unbezahlbar.

Dazu gesellen sich selbstverständlich alle jemals erschienenen Sega-Cards, die nur in den Schacht des Sega Master I passten und alle schon in den frühen 1980er Jahren veröffentlichten 3D-Spiele. Diese funktionierten mit einer gesonderten Brille nur an einem Röhren-TV und sind heute an keinem modernen TV mehr spielbar. Codemasters veröffentliche drei Spiele, die aufgrund der Formgebung der Cartridges von den üblichen Spielen abweicht, in England wurden unter dem Label KIXX Spiele veröffentlicht, während in Brasilien durch TecToy zahlreiche, auch nicht lizensierte Spiele wie FIFA International Soccer oder Mortal Combat für den südamerikanischen Raum produziert wurden.

Auf Master System und NES folgten Mega Drive und Super NES. Wenn ich heute zurückblicke, war das nicht nur die coolste Zeit der Videospiele, diese beiden Konsolen waren der Durchbruch der Games. Ohne Mega Drive und SNES wäre alles, was darauf folgte, vielleicht nicht in dem Umfang möglich gewesen, wie es sich heute darstellt. Hier wurden Helden geboren. Sonic the Hedgehog war der Grund, das Mega Drive lange vor dem Europa-Release aus Japan zu importieren, während ich am SNES bei The Legend of Zelda – A Link to the Past über Wochen in eine unbekannte Welt abtauchen durfte. 

F-Zero begründete ein komplettes Genre neu und Super Mario startete auf dem SNES seinen bis heute anhaltenden Siegeszug. Aber diese Spiele halfen nicht nur den etwas anderen Racern auf die Füße, es war die Zeit der horizontal oder vertikal scrollenden Ballerspiele. Niemals zuvor waren solche Farben und Effekte möglich und man musste jede Feindformation kennen, um überhaupt eine Chance zu haben. Game Over bedeutete damals tatsächlich Game Over, Speicherpunkte gab es nicht. War das letzte Schiff verloren, hieß es unweigerlich Neustart. Und welcher retro-Gamer erinnert sich nicht gerne an das Alien als ersten Boss-Gegner in R-Type oder die balinesische Tänzerin in Parodius?

Leider war Sega nie so erfolgreich wie Nintendo, obwohl zahlreiche überragende Titel veröffentlicht wurden. Sega versuchte alles, aber der Siegeszug des Konkurrenten war auch aufgrund von Mario nicht mehr aufzuhalten. Da nützte es auch nichts, als erster ein CD-Laufwerk anzubieten oder den Aufsatz 32X zu veröffentlichen, der die doppelte Rechenleistung bot. Einige Denkfehler, wie drei benötigte Netzteile, um alles gemeinsam zu betreiben, machte alle gute Ideen schon im Vorfeld zunichte.

All das waren unter dem Strich dann eher halbherzige und kostspielige Versuche, Nintendo in Schach zu halten. Auch das weltweit auf 5000 Stück limierte Sega Multi Mega – eine Kombination aus Mega Drive und Mega CD – hatte aufgrund seines horrenden Preises niemals eine echte Chance.

Das änderte sich auch mit der nächsten Konsolen-Generation nicht mehr. Obwohl das N64 aufgrund eines immerwährenden Nebels im Hintergrund von Spielern nicht umsonst den Spitznamen Nebel 64 erhielt, weil Nintendo weiter auf Module setzte und der Konsole nur wenig Rechenkapazität zur Verfügung stand, konnte Sega auch mit dem technisch großartigen Saturn nichts mehr reißen. Überragende Titel wie Sega Rally oder Daytona USA, die direkt aus der Spielhalle adaptiert wurden, sowie die beste Bomberman-Version aller Zeiten, änderten nichts daran, dass die Spieler die Konsole links liegen ließen. Auch der nachfolgende Dreamcast konnte den Rückstand nicht mehr aufholen. Dabei war der Dreamcast die erste Konsole der Welt, mit der Online-Gaming über ein Modem möglich war. Sega war damit am Ende.

Es begann der Siegeszug von Microsoft und Sony, die mit überragender Rechenpower bis heute den Markt fast allein beherrschen. Und dennoch hält sich trotz immer unterlegender Technik Nintendo weiterhin tapfer. Das lag einerseits an den zahlreichen Handhelds, die man dort im Laufe der Jahre veröffentlichte und andererseits an völlig neuen Gaming-Konzepten wie der Wii U mit Display im Joypad, die damit völlig neue Möglichkeiten bot. Einer der besten Titel auf dieser Konsole ist daher bis heute Rayman Legends. Alleine chancenlos, bot der Titel im Zusammenspiel nie geahnten Spielspaß. Was Nintendo nicht an Leistung aufbieten kann, machen sie mit Mario und zahlreichen anderen überragenden Spielen wieder wett. Wie die Handheld-Versuche bei Sony ausgingen, ist ja bekannt, der größte Fehlschlag war wohl die PSP Go, die wie Blei in den Händlerregalen lag.

Der Begriff „Next-Generation“ wird inzwischen inflationär verwendet. Jede neue Konsolengeneration bekommt den Stempel „Next“ und alles wird noch bunter, noch schneller und noch schicker. Dabei hat sich seit vielen Jahren eigentlich nichts mehr gravierend geändert. Die Hersteller scheuen das Risiko und setzen auf Bewährtes. EA bringt jährlich weiterhin das ewig gleiche Fußballspiel, auch wenn das jetzt EA Sports FC heißt. Ein Call of Duty bleibt ein Call of Duty und auch zahlreiche andere Serien locken mit Neuheiten, die dann doch nur ein hübsches Update zum Vollpreis sind. Titel wie das ungewöhnliche Stray sucht man mit der Lupe, das war aber mal vollkommen anders.

Denn die eigentlich letzte echte Next-Generation Konsole war die Playstation One. Nirgendwo gab es mehr Innovationen, die Videospiele bis heute beeinflussen. Tomb Raider, Resident Evil, Gran Turismo, X-Com, Final Fantasy, DOOM oder WipeOut sind nur einige Titel, die Spielern und Entwicklern völlig neue Wege aufzeigten. Man hatte den Mut, Neues zu wagen und die Spieler nahmen selbst Titel wie Destruction Derby, Worms oder Return Fire dankbar an. Denn all diese Titel waren der Aufbruch in nie zuvor gekannte Spielewelten. Leider ist bis auf einige wenige Ausnahmen heute davon nicht mehr viel geblieben.

Dennoch ist die Videospiel-Industrie der inzwischen erfolgreichste Markt, wie die Umsätze in Deutschland 2022 zeigen (Quelle: google.com):

  • Gaming – 9,87 Milliarden Euro (Zahlen liegen höher, da Microsoft keine Umsätze bekannt gibt)
  • Musik – 2,07 Milliarden Euro
  • Film – 8,9 Milliarden Euro

Videospiele boomen also seit Jahren, auch wenn physische Games aufgrund der digitalen Downloads langsam aussterben. Von daher hege und pflege ich meine Sammlung an Konsolen und Spielen und meine Tochter hat bereits Ansprüche auf das Erbe angemeldet. Im folgenden zeige ich noch Bilder eines Teiles meiner Sammlung, zu der auch Raritäten wie das Real 3DO, das Sega Master System Girl oder der Atari Lnyx gehören. Letzterer erschien übrigens schon zu Zeiten des Game Boy bereits mit farbigem Display. Gescheitert ist die Konsole letztlich an seinem immensen Verbrauch an AAA-Batterien – und der Game Boy hatte Tetris.


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