Atari 2600+ oder wie Recycling wirklich funktioniert und man aus Kacke Bonbons macht

Es ist mal wieder soweit. Nach zahlreichen Atari Flashback Konsolen, zuletzt der 50th Anniversary Edition zum 50jährigen Jubiläum und einer gescheiterten Onyx Wiederbelebung namens Atari VCS nimmt man bei Atari die Sache erneut höchstselbst und vermeintlich richtig in die Hand. Das Ergebnis ist eine Wiederauflage des Atari VCS aus den späten 1970er Jahren. Allerdings handelt es sich dabei nur um den Nachfolger des legendären Originals – nämlich das Modell B – mit nur noch 4 Schaltern. Das erste Atari VCS Modell A hatte noch deren 6.

Nun also versucht man den retro-Gamer anzulocken, der sich vor vielen Jahren von seinen alten Sachen getrennt hat oder den Neueinsteiger, um ihn mit auf eine Reise durch die Geschichte zu nehmen. So ganz bin ich noch nicht dahintergestiegen, was Atari da eigentlich plant?

Ein Atari, das statt fest auf der Platine fest verlöteter Spiele wie bei den zahlreichen Flashback-Konsolen nun wieder auf zu wechselnde Module setzt, scheint aus der Zeit gefallen zu sein – allerdings laufen beim neuesten Modell neben den klassischen VCS- bzw. 2600-Modulen auch die des Atari 7800. Man schlägt also vermeintlich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.

Aber macht eine solche Konsole tatsächlich Sinn, vor allem wenn man den Preis von 129,99$ im US-Markt von Atari näher betrachtet? Selbst wenn es dazu ein Modul mit 10 Spielen gibt, welche bei Fans bis auf vielleicht Missile Command oder Yars Revenge keine echte Begeisterung auslösen, habe ich also für grob umgerechnet 130€ eine Konsole mit nur einem Joy-Pad und nur 2 guten neben 8 nicht ganz so guten Spielen.

Muss ich beim neuen Atari 2600+ nun also noch einige alte Spiele bei ebay, auf Flohmärkten oder Händlern kaufen, kommen hier ab 3€ bis hin zu Apothekenpreisen noch einmal pro Spiel einige Folgekosten hinzu.

Halte ich meine 50th Anniversary Edition daneben, habe ich für einen Preis von 85€ einen Nachbau im Kleinformat, inklusive von gleich 2 Pads und den legendären Drehpaddles mit 130 Spielen. Und da sind mit Breakout, Pitfall, Centipede, Combat, Space Invaders und so vielen anderen wirkliche Klassiker und Perlen der Videospiel-Geschichte dabei. Obendrein verfügt auch diese Konsole über einen HDMI-Anschluss.

So schön also eine Neuauflage des alten Atari ist, so wenig Sinn macht sie, wenn man dies ganz nüchtern betrachtet. Möchte man den retro-Gamer abholen, dann wird das schwierig, weil Sammler wie ich sich vermutlich bisher von den alten Sachen nicht getrennt haben. Möchte man jüngere Spieler für sich gewinnen, ist diese Zeit vermutlich endgültig vorbei. Obendrein stimmt der Preis einfach nicht. Auch dass man sich bei der Neuauflage für das Modell B mit 4 Schaltern entschieden hat und nur ein Pad dazulegt, macht das Set nicht begehrenswerter. Da hilft es auch nicht, dass man auch die Module des Atari 7800 verwenden kann, welches ohnehin schon zu seinem Erscheinen zum Scheitern verurteilt war.

Und sind wir mal ehrlich: So cool die Zeit mit den alten Games war, aber mehr als ein paar Minuten Missile Command oder Asteroids fesseln selbst die alten Klassiker heute niemanden mehr. Wer die Spiele cool findet, sammelt ohnehin Originale, alle anderen sollten selbst bei einem Release des Atari 2600+ in Deutschland schauen, ob sie nicht mit einer der zahlreichen Atari-Flashback Konsolen doch besser und vor allem preiswerter bedient sind?