Hardwaretest: Sony BDV-N9100W – eine Komplettanlage im Star Trek Design

Bereits im letzten Jahr hatte Sony in kleinen Musik-Kompaktanlagen wie der CMTV50 die nach damaliger eigener Aussage ersten Ferrofluid-Boxen weltweit eingeführt. Ich war daher umso gespannter, wie die neue Technologie in einem vollständigen Heimkinosystem ankommt. Denn wirklich überzeugt hatten mich die Boxen damals nicht.

Nun führt Sony diese Technologie in kompakten Heimkinosystemen wie der BDV-N9100WW fort. Hier handelt es sich um eine Komplettanlage, Tuner und 3D BD-Player sind in einem Bauteil kombiniert.

sony_teaser_220x140Die BDV-N9100WW ist optisch auf den ersten Blick ein echter Hingucker. Alles erstrahlt in hochglänzenden weißen Kunststoff, abgesetzt mit blauen Einfassungen. Sony gibt an, sich beim Design von Bergkristallen inspiriert haben zu lassen. Mich erinnerte alles von Beginn an eher an Star Trek und die Enterprise, so futuristisch kommt das System daher. Ein netter Effekt und dem Design angepasst sind die Leuchtdioden am Fuß der Boxen, die im Betrieb blau aufleuchten. Beim Einlegen einer BD-Disc oder DVD fährt die Abdeckung zur Seite und gibt das Laufwerk frei.

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Sony-typisch bei Kompaktanlagen ist das gesamte System innerhalb von 30 Minuten einsatzbereit. Das liegt am simplen Zusammenbau der Boxen und an der farblichen Zuordnung sämtlicher eigenentwickelter Stecker. Jede Box hat eine farbige Markierung und das dazugehörige farbige Kabel. Dessen anderes Ende wird in den entsprechenden, ebenfalls farblich markierten Steckplatz am Receiver eingesteckt. Weiterhin ist jede Box mit ihrem jeweiligen Aufstellplatz gekennzeichnet. So wird vermieden, dass der Hubschrauber hinten links erklingt, obwohl er vorne rechts durch Bild fliegt. Zum Aufbau ist eine übersichtliche Schnellstartanleitung beigelegt, die vollständige Anleitung gibt es nur als PDF-Download auf der Sony Website.

Die Surround-Boxen sind als Funkboxen angegeben, so dass das umfangreiche Verlegen von Kabeln entfallen kann. Diese Aussage stimmt so jedoch nur zur Hälfte. Denn mitgeliefert wird ein Funkempfänger, der zwar die beiden hinteren Boxen ansteuert, dennoch müssen diese mit dem Empfänger verkabelt werden.  So kommt man je nach baulicher Gegebenheit doch nicht umhin, den einen oder anderen Kabelkanal zu verlegen, um hässliche Flatterleinen hinter dem Sofa zu vermeiden. Für den ungewöhnlichen Fall, dass man trotz Anschaffung eines 5.1 Systems keine Möglichkeit hat, die Surround-Boxen hinter dem Sofa zu platzieren, kann man tatsächlich auch alle vier Boxen neben dem TV aufstellen. Der „All Front Setup“ genannte Modus bietet dann zumindest noch virtuellen Raumklang.

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Eine weitere Überraschung ist der Subwoofer. Im Vergleich zu anderen Modellen ist dieser mit einem Sony-eigenen Stecker fest verkabelt. Er verfügt weder über ein gesondertes Netzteil, noch über eine Lautstärkeregelung oder den Standard-Audio-Stecker, um ihn auch an anderen Receivern betreiben zu können. Sind die Boxen noch mit herkömmlichen Klemmanschlüssen versehen, so dass jedes Boxenkabel verwendet werden und damit der Betrieb an anderen Anlagen außer der Sony erfolgen kann, entfällt diese Möglichkeit beim Subwoofer vollständig.

Kommt man mit den Kabeln noch gut zurecht, entpuppt sich das nicht den Standard Rack-Maßen von 43,5 Zentimeter entsprechende System als echtes Problem. Mit 48 Zentimetern Breite passt es in kein klassisches Phonoregal. Es muss also direkt in Front des Bildschirms aufgestellt werden. Gleiches gilt für den Center-Speaker. Auch dieser ist mit 36 Zentimetern sehr breit. Man muss demnach für dieses System über ein ausreichend großes Phonoregal verfügen, da System, Center-Box und TV entsprechend platziert werden müssen. Problematisch kann bei dieser Art der Aufstellung dann obendrein die Höhe der beiden Sony-Komponenten werden. Denn mit jeweils 7,9 Zentimetern verdecken sie unter Umstanden den IR-Empfänger des TV. Das System verfügt im Gegensatz zu diversen Soundbars nicht über die Möglichkeit, das TV Signal zu empfangen und an den TV durchzureichen.

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Die Einrichtung des Systems ist wie die Aufstellung eine Angelegenheit von wenigen Minuten. Ähnlich wie sämtliche Yamaha-Komponenten verfügt die Sony über ein Mikrofon zum Einmessen. Dabei wird nach Aufstellung der Boxen das Mikro an der üblichen Sitzposition abgelegt und die Routine gestartet. Kurz darauf hat das System alle Positionen der aufgestellten Boxen erfasst und dem Raumklang steht nichts mehr im Wege. Besitzer einer Playstation 3 oder PSP werden sich im Onscreen-Menü sofort heimisch fühlen, denn Sony hat die XrossMediaBar (XMB) auch hier integriert. Diese ist so übersichtlich strukturiert, dass weitere Einstellungen völlig unkompliziert zu erledigen sind. In diesen Optionen sollten dann noch Feinjustierungen vorgenommen werden, die das Heimkinoerlebnis dann noch trüben könnten. So stehen die meisten Ton-Optionen auf Auto, so dass die BDV-N9100WW von sich aus schon das optimale Klangbild abliefern kann. Kontrolliert werden sollte aber die voreingestellte Bildschirmdiagonale des TV für die Wiedergabe von Blu-ray Discs. Denn schließlich ist die Anlage bereits 4K tauglich. Zwar sind die wenigsten Bildschirme bisher in der Lage, die Ultra-HD-Auflösung von 3840 x 2160 Pixeln darzustellen, aber wie viele andere Hersteller auch investiert Sony hier schon in die Zukunft.

Das System verfügt trotz WiFi über einen Netzwerkanschluss, einen analogen Audio-Eingang, einen optischen Eingang und nur drei HDMI-Plätze, von denen der HDMI-Out ARC fähig ist (Audio Return Channel = Audiorückkanal). Dieser wird mit dem TV verbunden. So kann der TV bei normalem Fernsehempfang seinen Ton auch über die Anlage wiedergeben. Hier scheint es aber ein Problem mit der CEC-Technologie (Consumer Electronics Control) zu geben. Denn eigentlich soll die Anlage sich automatisch einschalten, sobald der TV angeschaltet wird. Dies passiert aber nicht und die BDV-N9100WW muss ebenfalls manuell angeschaltet werden. Dies wäre aber nicht das Problem. Viel schlimmer finde ich, dass das System gute 30 Sekunden benötigt, bevor es erkennt, dass der Ton nun nicht mehr über die TV-Lautsprecher, sondern über die Boxen der Anlage ausgegeben werden soll. Bis dahin herrscht absolute Stille. Alternativ, bei nicht vorhandenem HDMI am TV, gibt dieser den Ton auch per optischen Digitalkabel an die Anlage. Die zwei HDMI-In-Plätze sind trotz des bereits integrierten BD-Players einfach zu wenig, um weitere Geräte wie aktuelle Spielkonsolen und einen digitalen TV-Empfänger anschließen zu können. Aber vielleicht geht man bei Sony auch davon aus, dass man neben der Playstation 3 keine andere Konsole betreibt?

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Erweist sich die Ausstattung doch als eher spartanisch, stehen die Tonfunktionen dieser nur in wenig nach. Die Sound-Modi geben nur acht verschiedene Einstellungen her, nämlich Auto, Movie, Musik, Digital Music Enhancer, 3D Sourround, Berliner Philharmonie, Night und Demo, wobei bei einigen kaum merkliche Unterschiede vorhanden sind. Beim Abspielen von Musik kann man über den Music Enhancer noch zwischen weiteren vier Modi wählen, die der Stilrichtung der Songs am nächsten kommt und komprimierte Audiodaten wie MP3 oder AAC akustisch aufwertet. Ein besonderes Bonbon ist jedoch der Modus „Fußball“. Fühlte man sich gelegentlich von den Äußerungen der Kommentatoren genervt, dreht man diesen jetzt einfach den Ton ab und genießt Stadionatmosphäre pur. Fangesänge und Stimmung aus allen Boxen kommen einem echten Stadionbesuch dann sehr nahe.

Stereo-Fans werden mit der BDV-N9100WW aber wahrscheinlich nicht wirklich glücklich. Denn egal ob Musik über Audio-CD, einen USB-Stick, per NFC über das Handy, über DNLA aus dem heimischen Netzwerk oder gestreamt per Bluetooth vom iPad abgespielt wird, es werden immer alle Boxen angesteuert. Es gibt keinen Direct-Modus, der echten Stereoklang nur über die beiden Frontlautsprecher anbietet. Dennoch deuten die Lautsprecher bei der Musikwiedergabe schon an, was sie können. Als Fan des härteren Sounds und echter handgespielter Musik pflügte ich mich durch aktuelle Songs von Volbeat, AC/DC, Biffy Clyro, Tenacious D und auch alte Stücke von Running Wild, Iron Maiden und Kiss. Stets war bei den E-Gitarren jeder Akkord klar heraus zu hören, wenn auch manchmal etwas zu intensiv in den Höhen. Der Bass ist kräftig, hier beeindrucken besonders die Tieftöner der beiden Frontlautsprecher. Die Stimmwiedergabe ist realistisch.

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Vollständig in ihrem Element ist die BDV-N9100WW dann bei Blu-ray-Filmen. Neben einem gestochen scharfen Bild trumpfen die Ferrofluid-Boxen hier erst richtig auf und bringen die Einrichtung zum Vibrieren. Stellvertretend für viele Filme, die zum Test durch die Anlage gelaufen sind, erwähne ich hier Star Trek, Prometheus, Jack Reacher, Iron Man und die Men in Black. Bei Dialogen erfolgt eine gute Wiedergabe über den Center-Speaker, die jedoch gelegentlich etwas kraftlos klingt. Der Raumklang ist geradezu faszinierend, gerade bei Actionszenen. Man ist mitten im Geschehen, ohne dass jedoch die Surround-Boxen zu dominant sind. Der Bass ist fast schon als übermäßig zu bezeichnen und dies ist ein Problem beim Filmgenuss. Im Kino mag eine Explosion oder ein anderer donnernder Effekt in voller Lautstärke gewollt sein, im heimischen Wohnzimmer kann das vielleicht zu Stress mit der Nachbarschaft führen. Es gibt jedoch leider keine Möglichkeit, den Bass in der Lautstärke zu regulieren. Kann man damit aber leben, erlebt man fast echtes Kino in den eigenen vier Wänden. Nur für Cola und Popcorn muss man selbst sorgen.

Gleiches gilt bei Videospielen. Shooter wie CoD, Battlefield oder Halo, Action wie Uncharted, Bio Shock Infinite oder New Super Mario Bros. U und Rennspiele aller Art wie F1, Sonic & Sega All Stars Racing, WipEout sowie die üblichen Verdächtigen bringen die Boxen zum Beben. Stets hat man das Gefühl, Teil des Spiels zu sein. Besonders beeindruckend jedoch waren meine derzeitigen Top-Titel, nämlich noch immer Tomb Raider und natürlich aktuell The Last of Us. Gerade bei diesen beiden Titeln spielt die Soundkulisse eine gewichtige Rolle, unterstützt sie doch die Emotionalität der dargestellten Szene. In The Last of Us erfolgt ein stetiger Wechsel zwischen der bedrückenden Einsamkeit verlassener Städte, gekonnt eingesprochener Dialoge und spannend inszenierter Action. Gerade in Szenen, in denen Joel und Ellie einem Kampf aus dem Weg gehen müssen, während man rechts oder links von sich Infizierte hört, sorgen für einen permanenten Höchststand von Adrenalin. Dreht man während eines Dialogs die Kamera, während der NPC etwas zu sagen hat, kann man aufgrund des Raumklangs sehr gut nachvollziehen, wo sich dieser momentan im Raum aufhält.

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Integriert in das System ist ein Tuner. Im Gegensatz zu den kleineren Musikanlagen von Sony wird neben der obligatorischen Wurfantenne auch ein Kabeleingang geboten. Hier ist die Suche und Speicherung der Lieblingssender kinderleicht und innerhalb weniger Minuten erledigt. Zusätzlich gibt es einige nette Spielereien, auf die man als Anwender heute nicht mehr verzichten möchte. Dazu gehören ein Internetbrowser sowie verschiedene kostenpflichtige Video-On-Demand-Dienste. Selbstverständlich stellt Sony hier mit dem hauseigenen Sony Entertainment Network einen Großteil des verfügbaren Angebotes für Apps, Videos und Musik. Außerdem gibt es zur besseren Steuerung des Systems und des Browsers auch eine gut funktionierende App namens TV Side View für Apple und Android Geräte.

Fazit:

Selten war ich so hin- und hergerissen, was ein Heimkinosystem angeht. Denn die Sony BDV-N9100WW macht vieles richtig, aber eben leider nicht alles. Für Heimkino- und Videospielfans, die völlig unkompliziert nur Spiele, Musik und Filme genießen wollen, ohne sich groß um die umfangreiche Einrichtung eines komplexen Systems und vielleicht sogar zusätzlich um das Verlegen von Boxenkabel kümmern zu müssen, ist diese Komplettanlage mit Sicherheit eine sehr gute Wahl. Einfachste Aufstellung durch farbliche Kennzeichnungen aller Boxen und Kabel bei simpler Inbetriebnahme sind sicher sehr gute Argumente für das System.

Auf der anderen Seite stehen aber Dinge wie das fehlende echte Stereo und das Sony-eigene Steckersystem. Offensichtlich möchte man den Betrieb der Boxen nur an Sony Geräten sicherstellen. Könnte man die Boxen aufgrund der Kabelklemmen noch an anderen Receivern betreiben, scheitert man beim Subwoofer und dessen fest installiertem Stecker. Dazu kommt das nicht normgerechte Maß der Anlage, das die Unterbringung in einem Phonotisch oder Rack unmöglich macht. Außerdem leidet unter der diagonalen, nach hinten ansteigenden Form des Receivers die Lesbarkeit der Anzeige, wenn man auf dem Sofa sitzt.

Ich persönlich finde das Design trotzdem äußerst gelungen, gerade das hochglänzende Weiß in Verbindung mit den blauen Einfassungen macht das System zu einem Blickfang. Aber dies ist mit Sicherheit Geschmackssache. Entscheidend ist, was am Ende heraus kommt und hier wird neben vielen technischen Gadgets wie einem Internetbrowser klanglich und optisch eine Menge für den Videospieler und Filmenthusiasten geboten.

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Link zur Herstellerseite: Sony BDV-N9100W >>>

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