Hardwaretest: Garmin Virb Elite – die erste Actioncam des Navi-Spezialisten

Bisher waren Action-Cams und Mountainbiking zwei Dinge, die nicht zueinander passen wollten. Die Verwackelungsautomatik bzw. Bildstabilisierung bei keiner meiner Kameras war bisher in der Lage, selbst schnelle Abfahrten im Wald ohne Probleme aufzuzeichnen. Ein nachher am PC zitternder Film mit unscharfen Aufnahmen waren das zu häufig unschöne Ergebnis.

Das Problem dabei ist, dass man beim Mountainbiking selten eine zweite Chance erhält, die Aufnahme zu wiederholen. Denn vor der Aufnahme steht die meist langwierige und schweißtreibende Auffahrt, bis es dann endlich wieder bergab gehen kann.

Mit 400,-€ ist die Virb mit Sicherheit kein Schnäppchen. Von daher war ich negativ überrascht, wie wenig Packungsinhalt geboten wird. Zwei Klebepads und die Kamerahalterung sind extrem wenig für einen doch gehobenen Preis. Dazu kommt das eigene Design von Kamera und Zubehör, so dass auch keine genormten Kamerastative und ähnliches verwendet werden können.

Und so musste ich zusätzlich die Bike-Halterung, eine Helmhalterung für belüftete MTB-Helme und einen Adapter für 1/4 Zoll Kamerastative kaufen. Somit kommen für den Käufer noch einmal reichlich Euros hinzu, will er die Cam zum Biken oder für Stativaufnahmen verwenden. Allerdings ist sämtliches Zubehör sehr hochwertig. Keine Halterung hat bisher wackelfrei auf dem Helm gehalten, die der Virb tut dies problemlos. Durch den 1/4 Zoll-Adapter kann dann auch sämtliches vorhandenes Fotozubehör verwendet werden.

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Optisch ist die Virb durch ihre längliche Form ungewöhnlich und weicht damit vom quadratischen Einerlei der GoPro`s und Konsorten ab. Aber dafür ist das Display der Bauweise geschuldet mit 1,4 Zoll entsprechend klein. Großartige Motivsuche ist damit nicht möglich, der Stromverbrauch jedoch entsprechend niedrig. Nach dem Aufladen des Akkus erfolgt die Inbetriebnahme. Ein kurzes Menü fragt die üblichen Einstellungen ab, dazu kommt die Frage nach den GPS-Koordinaten und dann kann es auch schon losgehen. Rechts befindet sich der kleine Power-Knopf, der gehalten werden muss, bis die Cam zum Leben erwacht. Im Display leuchtet der Akkuladestand, die noch mögliche Aufnahmezeit und der verwendete Aufnahmemodus auf. Das war es.

Über den Power-Knopf können dann durch Durchschalten diverse weitere Feinjustierungen vorgenommen oder geändert werden. Das fängt an beim Sucher, geht weiter über Wiedergabe und Anzeige und endet bei den Einstellungen zur Cam. Verwirrend sind hier jedoch die Bezeichnungen der Aufnahmemodi. Breit und Ultra-Zoom erschließen sich nicht auf Anhieb, daher sollten erst einige Testaufnahmen erfolgen, bis man das persönlich passende Format gefunden hat. Aufnahmen selbst startet man mit dem großen, geriffelten Schieberegler an der linken Seite der Cam. Ohne Update benötigte die Kamera hier zwischen 8 – 10 Sekunden, bis die Aufnahme startete, nach dem Update sind es noch maximal 5 Sekunden. Wem das Display zu klein sein sollte, lädt sich eine Apple- oder Android-App auf das Smartphone, die sämtliche Funktionen der Cam übernimmt. Die Lesbarkeit des Displays ist stark lichtabhängig, je heller, desto besser ist es zu erkennen. Von daher ist die App weniger technisch Machbares, sondern eine echte Hilfe.

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Das Update ist jedoch etwas gewöhnungsbedürftig, zumal es nirgendwo in der nur als Download erhältlichen Anleitung erwähnt wird. Die Kamera wird per USB an den PC angeschlossen und das Update heruntergeladen. Ab diesem Moment steht man aber wie das sprichwörtlich Schwein vor dem Uhrwerk. Keine Anzeige, was nun passiert, keine Mitteilung von PC oder Cam. Erst nachdem die Virb wieder vom PC getrennt wird erscheint eine Meldung im Display, dass die Kamera sich jetzt aktualisiert.

Entscheidend sind bei einer Action-Cam dieser Preisklasse jedoch nicht die technischen Spielereien, sondern die Qualität der Aufnahmen. Und hier kommt es wieder ganz stark auf den Einsatzzweck der Kamera an. Setze ich die Cam zum Radfahren ein, gibt es erhebliche Unterschiede, ob ich asphaltierten Rad- oder doch ruppigen Waldweg fahre und ob ich die Cam am Kopf bzw. Helm oder irgendwo am Bike befestige. Je mehr Vibrationen auf die Kamera übertragen werden, desto wackeliger wird auch die Aufnahme. Und dennoch macht die Virb für ihren Einsatzzweck wirklich gute Aufnahmen. Egal ob Sonnenschein oder stark bewölkter Himmel, die Aufnahmen verdienen den Zusatz HD. Alle Farben sind kräftig, können aber je nach PC-Einstellung oder Monitor den Eindruck eines leichten Rotstichs vermitteln. Dies aber ist kein Problem, mit dem ein vernünftiges Videoschnitt-Programm nicht zurechtkommt.

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Aufnahmen müssen auf den PC, um sie zu bearbeiten. Garmin stellt dafür ein eigenes Programm names Virb Edit zur Verfügung. Dieses ist mir jedoch zu schlicht in den Funktionen, so dass ich Videos weiterhin mit Corel Video Studio Pro oder seit Kurzem mit dem Cyberlink PowerDirector bearbeite. Aufnahmen erfolgen im mp4-Format, so dass hier kein Garmin-eigenes Dateiformat für Probleme sorgen könnte. Allerdings steht kein 24p-Modus zur Verfügung. Ist die Cam per USB mit dem PC verbunden und betrachtet man die eigenen Videos, stellt man sehr schnell fest, dass die Möglichkeit der GPS-Aufzeichnung der Strecke doch ungenau ist. Im Video werden Abzweigungen gezeigt, obwohl die Strecke gerade wie ein Strich verläuft.

Ein weiteres Problem ist der leise Ton. Einerseits werden Sprache und Umgebungsgeräusche sehr leise aufgezeichnet, andererseits erschlagen Abrollgeräusche der Reifen und jegliche Vibrationen fast die komplette Aufnahme. Eine Nachbearbeitung mit eigener Musik oder eigener Tonaufnahme ist damit fast unausweichlich. Und noch etwas muss dringend beachtet werden: Die Abdeckung der Kameralinse ist groß und anfällig für Fingerabdrücke. Hier sollte man Berührung auf jeden Fall vermeiden, um später hässliche Verschmierungen auf dem Video zu verhindern.

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Die Laufzeit des Akkus ist mit 3 Stunden angegeben, aber selbst nach mehrmaligem Ent- und erneutem Aufladen erreicht er nicht die avisierte Zeit. Dennoch sind gut 2 1/2 Stunden bei eingeschaltetem GPS und WLAN ein toller Wert, den bisher keine meiner anderen Kameras auch nur ansatzweise erreicht. Da eine 32GB-Speicherkarte über 3 Stunden HD-Aufnahmezeit bietet, reicht diese vollkommen für eine Akkuladung aus. Möchte man diese jedoch wechseln, wird es etwas fummelig, da sich die Karte unter dem schwer zu entfernenden Akku versteckt.

Fazit:

Alles in allem ist die Virb mit Sicherheit aufgrund noch immer den Umständen entsprechend zittriger Aufnahmen noch nicht die Erfüllung aller Träume, aber der Weg dahin ist der richtige. Wer wie ich nicht ständig den Camcorder mitnehmen kann oder möchte, um eventuell im Wald den Hund beim Toben aufzuzeichnen oder für Sport- oder Freizeitaktivitäten eine handliche und robuste Kamera benötigt, wird trotz des relativ hohen Gewichts mit der Virb glücklich.

Die Aufnahmen sind kräftig, wenn auch vielleicht ein wenig rotstichig. Die Akkulaufzeit liegt weit über der aller anderen Kameras, die Bedienung ist simpel, das Menü übersichtlich und die Steuerung per App komfortabel. Dagegen sprechen der doch schlechte Ton, kaum vorhandenes Zubehör, die noch fehlerhafte GPS-Ortung bzw. Darstellung und ein wenig funktionales Schnittprogramm.

Wer jedoch mit diesen Unzulänglichkeiten leben kann, bekommt mit der Virb eine hochwertige Actioncam, die diesen Namen auch verdient. Ob sie jedoch dem Platzhirsch GoPro irgendwann das Wasser abgraben kann, wird sich zeigen.

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Link zur Herstellerseite: Garmin Virb Elite >>>

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